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Pflanzenheilkunde

Schwarzer und weißer Senf (Brassica nigra und Sinapis alba)

Abbildung. 1 Schwarzer Senf, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.
Abbildung. 1 Schwarzer Senf, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.

Kreuzblütler

Geschichte

Der Name Senf ist eingedeutscht aus dem griechischen sinapis und bedeutet so viel wie schädlich für das Auge, denn bei der Bearbeitung von Senfkörnern werden Dämpfe frei und reizen die Augen. Brassica stammt vom lateinischen Wort praesecare und bedeutet vorwegschneiden – die Blätter wurden als Viehfutter direkt vom Stängel abgeschnitten. Alba bedeutet weiß und nigra ist das lateinische Wort für schwarz.

Seit dem Altertum wird Senf als Nahrungs- und Heilmittel eingesetzt. Die älteste Erwähnung stammt aus dem Irak zur Zeit der Sumerer im 3. Jahrtausend vor Christus. Von dort aus gelangte der Senf über Griechenland und Rom bis in unsere Breitengrade. Im Jahre 580 vor Christus beschreibt Pythagoras Breiumschläge und Senfpackungen. Die Römer kannten vor 2000 Jahren schon die Zubereitung von Tafelsenf. Karl der Große ließ ihn in seinen Gärten anbauen, von dort wanderte er in die Klostergärten und wurde auch als Gemüse verzehrt. Innerlich als Medizin verabreicht, diente er als Wurmmittel, sollte helfen bei Lepra, Milzschwellung und Ischias. Immer wieder wird der Senf gelobt für seine äußerliche Aufbringung als Pflaster. Hieronymus Bock schätzte ihn u.a. als Haarwuchsmittel.

Der englische Kräuterarzt Nicolas Culpeper (1616–1654) beschrieb in seinem Complete Herbal die Anwendung von Senf für eine Vielzahl von Beschwerden, dazu gehörten Verdauungsstörungen, Erkältungskrankheiten, Zahnschmerzen und Gelenkbeschwerden, Hautprobleme und ein steifer Hals.

In China waren Senfsamen ein Mittel gegen Erkältung, Magenbeschwerden und Rheuma.

Abbildung 2. Weißer Senf, Pflanzen mit Stängeln, Blättern und Blüten.
Abbildung 2. Weißer Senf, Pflanzen mit Stängeln, Blättern und Blüten.

Botanischer Steckbrief

Die Senfpflanze ist auf der ganzen Welt zu Hause. Sie ist eine rau behaarte, stark verzweigte Pflanze, deren untere Blätter stark gelappt, die mittleren und oberen nur noch gezähnt oder glattrandig sind. Die gelben Blüten sind vierzählig, die Blütenblätter stehen sich kreuzweise gegenüber, sie stehen in lockeren Doldentrauben. Die Samen sind in 1–2 cm langen Fruchtschoten enthalten, die aufrecht wachsen und dem Stängel eng Stängel anliegen. Sie laufen in einen kurzen Schnabel aus.

Der weiße Senf (Sinapis alba) wird bis zu 70 cm hoch und hat hellgelbe Samen, die in erster Linie als Gewürz verwendet werden. Der schwarze Senf (Brassica nigra) wird mannshoch, erreicht eine Höhe bis zu 2 m, hat kleinere, rotbraune Samen und schmeckt schärfer als der weiße. Er wird für arzneiliche Zwecke angebaut.

Der Ackersenf (Sinapis arvense) bleibt kleiner und hat dunkle Samen. Er dient heute häufig als Gründünger in der biologischen Landwirtschaft.

Abbildung 3. Samen des Schwarzen Senfs.
Abbildung 3. Samen des Schwarzen Senfs.

Arzneilich verwendet werden die reifen, getrockneten Samen der Kulturform (Sinapis albae semen).

Abbildung 4. Samen des Weißen Senfs.
Abbildung 4. Samen des Weißen Senfs.

Signatur

Mit seinem scharfen Geschmack, der bereits in den Blätter zu spüren ist, bringt der Senf innere Hitze in den menschlichen Körper und weckt dort das Lebensfeuer. Die Alchemisten im Mittelalter schätzten den Senf mit seiner schwefelfarbenen Blüte als Symbol für die dynamische und lebendige Lebenskraft, die Aktivität und Handlungsfreude ins Leben bringt. Und wer „seinen Senf dazu gibt“, sagt ungefragt seine Meinung.

Inhaltsstoffe und Wirkung

In den Senfkörnern enthalten sind folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:

  • fettes Öl: bis zu 45% im Weißen und bis zu 35% im Schwarzen Senf
  • Glucosinolate (früher Senfölglykoside):
    • 2,5–5% Sinalbin: im Weißen Senf, daraus entsteht mit Wasser durch enzymatische Spaltung (Myrosinase) Hydroxybenzylsenföl
    • 1–4,5% Sinigrin: im Schwarzen Senf, aus dem Allylsenföl entsteht
  • Proteine
  • Schleimstoffe (20%)
  • Flavonoide
  • Tannine und Gallussäure
  • Sterole

Die Senföle sind für die Pflanze ein Schutz vor Fraßschäden und vor mikrobiellem Befall. Im menschlichen Körper sorgen sie für vermehrte Hautdurchblutung, fördern den Abtransport von Stoffwechselendprodukten und wirken als pflanzliches Antibiotikum gegen Bakterien, Viren und Pilze.

Senf hat bei äußerer Anwendung folgende Wirkungen:

  • reizt die Haut
  • durchblutungsfördernd
  • spasmolytisch
  • analgetisch
  • antimikrobiell: antibakteriell, antiviral und antimykotisch
  • entzündungshemmend

Senf hat bei innerer Anwendung folgende verdauungsfördernde Wirkungen:

  • Förderung der Speichelsekretion
  • Anregung der Magendrüsen
  • Steigerung der Motilität von Darm und Gallenblase

Anwendungsgebiete/Indikationen

Senfkörner sind ein wichtiges Ableitungsmittel über die Haut. Sie werden überall dort angewendet, wo eine stärkere Durchblutung der Haut erwünscht ist. Als Senfmehlwickel oder -auflage hilft Senf bei folgenden Beschwerden:

  • Erkrankungen der Atemwege:
    • Asthma bronchiale, spastische Bronchitis, Nebenhöhlenentzündungen
    • Pleuritis
  • Erkrankungen des Bewegungsapparats:
    • chronisch degenerative Gelenkerkrankungen
    • Ischias, Hexenschuss

Erkrankungen des rheumatischen Formenkreis: Fibromyalgie, Weichteilrheumatismus, Rheuma

Fallbeispiel

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Eine Freundin berichtet von ihren Senferfahrungen: „Wenn meine Nase verstopft ist, gebe ich 1 EL Senfmehl in ein Fußbad und die verstopfte Nase ist innerhalb der nächsten 10 Min. wieder frei und beginnt zu laufen.

Indikationen nach Kommission E

Weißer Senfsamen erhielt eine Positivmonografie von der Kommission E in der äußeren Anwendung als Breiumschlag für die Indikationen: Katarrhe der Luftwege, chronisch degenerative Gelenkerkrankungen und Weichteilrheumatismus. Der Schwarze Senfsamen erhielt keine Monografie.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Volksheilkundlich werden Umschläge mit Senfbrei auch bei Nervenentzündungen angewendet.

Mit wenigen Senfkörnern, die pro Tag eingenommen werden, können Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, Völlegefühl, Sodbrennen, Gallengangsentzündungen und Wurmkrankheiten bekämpft werden. Das ist auch gleichzeitig eine Reinigung für den ganzen Körper.

Behandlungsempfehlung

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Kur mit Senfkörnern

Senfkörner wirken in kleinen Dosen stuhlerweichend, in höheren Gaben abführend. Dabei befördern sie auch Schadstoffe mit nach außen. Es empfiehlt sich, eine Kur für 10–14 Tage: Dabei 10 Körner pro Tag mit etwas kaltem Wasser nach dem Essen einnehmen, bei Bedarf auch länger.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie ist Sinapis nigra hilfreich bei Heufieber (Allergien), Schnupfen und Rachenentzündungen.

Mustard bei den Bachblüten wird aus der gelben Blüte des Ackersenfs gewonnen und ist die „Weltschmerzblüte“. Die Essenz bringt heitere Gelassenheit und Stabilität in helle und dunkle Tage.

Wirkung auf die Psyche

Ackersenf stärkt das innere Gleichgewicht. Er hilft bei Melancholie und Niedergeschlagenheit, deren Ursache man einfach nicht kennt, wieder fröhlich zu werden. Er zeigt den Weg in die innere Wärme, zur Lebensfreude und schafft Vertrauen in einen guten Ausgang der Dinge.

Dosis/Dosierung

Nur äußere Anwendung. Tagesdosis 60–240 g

Darreichungsformen und Zubereitungen

Vorsicht

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Zubereitungen mit Senfmehl dürfen nicht zu stark erhitzt werden, da ab etwa 40 °C das Enzym Myrosinase zerstört wird. Es zersetzt die Glucosinolate zu den erwünschten Senfölen.

Behandlungsempfehlung

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Senfwickel

Eine Hand voll Senfmehl mit 3–4 EL mit ca. 150 ml lauwarmem Wasser zu einem Brei verrühren. Sobald Dämpfe aufsteigen, die die Augen reizen, ist es Zeit den Brei fingerdick auf Leinen zu streichen und auf den zu behandelnden Körperteil zu legen. Mit einem warmen Tuch umwickeln.

  • Sobald starkes Brennen auftritt – das kann schon nach 2 oder 3 Min. der Fall sein – den Wickel entfernen. Er darf nicht zu lange auf der Haut liegen bleiben, Brustwarzen und Achselhöhle nicht berühren, es könnte sonst zu Blasenbildung kommen und zu Wunden, die schlecht heilen.
  • Ganz wichtig ist es, anschließend die Haut abzuwaschen und eventuell mit Öl einzureiben.
  • Es ist ausreichend, Senfwickel jeden 2. Tag anzuwenden, z.B. auch bei akuter Bronchitis zur ableitenden Therapie auf die Haut.

Senfpflaster

Ein Pflaster mit dem Senfbrei (s.o.) befeuchten, auflegen und 15–30 Min. dort belassen. Der lokale Hautreizeffekt hält 24–48 Stunden an. Das Senfpflaster eignet sich zur Segmenttherapie.

Senffußbad

2–3 EL Senfpulver in eine Fußbadewanne geben, mit 40 °C heißem Wasser aufgießen, das Wasser sollte die Knöchel bedecken. Bevorzugt vor dem Schlafengehen anwenden. Hilft bei grippalen Infekten, Erkältungskrankheiten, Bronchitiden und hat sich bei Glaukom bewährt. Cave: Kreislaufschädigungen, Krampfadern, o.a. Venenleiden.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

Gelbe Senfsamen, ganz oder gemahlen, gibt es in Kräuterläden, Reformhäusern oder Apotheken.

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Bei zu langer Anwendung Haut- und Nervenschäden
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Nierenerkrankungen (da die Senföle durch die Haut resorbiert werden und das Nierenepithel reizen könnten). Krampfadern und andere Venenleiden. Schwere Kreislaufschädigungen. Kinder unter 6 Jahren.