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Pflanzenheilkunde

Augentrost (Euphrasia officinalis)

Sommerwurzgewächse

Abbildung 1. Augentrost (ganze Pflanze)
Abbildung 1. Augentrost, ganze Pflanzemit Blüten und Blättern,

 

Geschichte

Pietro Andrea Mattioli / Petrus Andreas Matthiolus nennt es 1544 in seiner Materia medica ein „Principal“ bei „blöden und tuncklen“ Augen, egal ob es gegessen, zerstoßen über die Augen gelegt oder ein Wein daraus bereitet wird. Der Wein, über ein Jahr lang getrunken, bringe die Sehkraft zurück und bewahre vor dem Gebrauch von Brillen.

Der englische Kräuterarzt Nicolas Culpeper schreibt 1653 in seinem Complete Herbal, Augentrost würde den Brillenmachern ihr Geschäft verderben, wenn es bekannter wäre und häufiger verwendet würde. Er lobt es auch gegen Gedächtnisschwäche und allgemein Denkschwäche.

Botanischer Steckbrief

Augentrost kommt in verschiedenen Varietäten vor: Euphraisa officinalis rostkoviana, Euphraisa stricta und deren Bastarde können ebenfalls arzneilich verwendet werden. Die verschiedenen Unterarten hybridisieren leicht. Augentrost ist relativ häufig in Europa, er wächst auf trockenen Wiesen, Halbtrockenrasen, Mooren und Abhängen. Die Bauern haben ihn gar nicht gern, denn er ist ein Halbschmarotzer, der mit seinen Saugwurzelfasern den Wurzeln benachbarter Gräser Wasser und Nährstoffe entzieht und damit die Heuernte gering ausfallen lässt.

Augentrost ist eine einjährige, ziemlich niedrige Pflanze, der aufrechte Stängel wird höchstens 10–30 cm hoch, verzweigt sich meist in der unteren Hälfte. Die ovalen, scharf gesägten Blätter sitzen gegenständig direkt am Stängel. Die Pflanze blüht erst im Spätsommer, nach dem ersten Heuschnitt. Die anmutigen weißen Blüten sitzen in beblätterten Trauben an den Zweigenden. Sie haben eine gewölbte Ober- und eine glatte, dreilappige Unterlippe. Ihr Weiß ist von zarten lila Äderchen durchzogen, die wie Wimpern aussehen. Auf der Unterlippe markiert ein gelber Fleck den Landeplatz für Insekten auf dem Weg zum Nektar.

Als Arzneidroge kommt das zur Blütezeit getrocknete Kraut (Euphrasiae herba) zur Anwendung.

Signatur

Nicht nur Paracelsus, sicher auch schon viele Kräutergelehrte vor ihm, leiteten von der Signatur der Blüte den Namen und die Wirkung dieser Pflanze ab. Paracelsus lobte ihn: „Fürtrefflich aber ist er nützlich zu dem Gesichte, welches klar und lauter wird so der Saft davon in die Augen getan wird.“ Blüten mit langen Augenwimpern schauen munter aus dem Gras in den Himmel und blicken den Vorübergehenden von unten mit vielen Augen an. Es verwundert nicht, dass man sie wohl auch in ganz alten Zeiten schon bei entzündeten und gereizten Augen verwendet hat. Das Wort Euphrasia stammt aus dem Griechischen und bedeutet Frohsinn. Augentrost galt als Blume des Frohsinns und der Heiterkeit. Officinalis berichtet wieder von der alten Heilpflanze, die in der Offizin, dem Arbeitsraum einer Apotheke, zu Arznei verarbeitet wurde.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Augentrostkraut enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Iridoidglykoside (Aucubin, Catapol), die bitter schmecken
  • Flavonoide (u.a. Luteolin, Kämpferol, Quercetin), die entzündungshemmend wirken
  • Phenolcarbonsäuren (u.a. Chlorogen-, Kaffeesäure)
  • 12% Gerbstoffe mit entzündungshemmenden und antibakteriellen Eigenschaften
  • Lignane
  • Phenylpropanglykoside, z.B. Acteosid, das entzündungshemmend wirkt
  • Phytosterole (z.B. beta-Sitosterol)
  • viele Mineralstoffe und Vitamine
  • 0,2% ätherisches Öl

 Augentrostkraut hat folgende Wirkungen:

  • entzündungshemmend
  • adstringierend: zieht Gewebe zusammen
  • antimikrobiell:
    • antibakteriell
    • antiviral (in Laborversuchen)
  • schützt die Leber vor Umweltgiften
  • blutzuckersenkend: Aucubin erhöht die Blutzuckeraufnahme in die Zelle
  • appetitanregend, magenstärkend

Anwendungsgebiete/Indikationen

Augentrost kommt zur Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • Beschwerden der Augen:
    • Empfindlichkeit der Augen gegen Licht und frische Luft
    • Entzündungen und Infektionen der Augen, z.B. Reizungen, Entzündungen von Augenlidrand und Bindehaut, Gerstenkorn, Augenkatarrh, Augenschleimfluss
    • äußerliche Behandlung kann durch Tee unterstützt werden
  • Schnupfen, Heuschnupfen, Nebenhöhlenentzündungen, Husten – alle Beschwerden, die mit einer erhöhten Schleimhautsekretion einhergehen, werden durch die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe gelindert

Fallbeispiel

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Leon D., Informatiker, brachte nicht nur seinen ganzen Arbeitstag, sondern auch noch ein Teil seiner Freizeit an und mit Bildschirmen zu und litt unter trockenen und gereizten Augen. Oft kamen eine Bindehautentzündung oder auch eine Entzündung des Lidrandes hinzu. Mit Hilfe von Euphrasia-Augentropfen besserten sich die Symptome sehr schnell und Leon war erfreut über die gute Verträglichkeit.

Indikationen nach HMPC, Kommission E, Monografien

Das HMPC hat Augentrostkraut abschließend beurteilt und kam zu dem Schluss, dass Zubereitungen aus Augentrostkraut am Auge wegen fehlendem Wirkungsnachweis und aus hygienischen Gründen nicht empfohlen werden können. Es wurde nicht als traditionelles Arzneimittel eingestuft.

In Deutschland sind Euphrasia-Zubereitungen als Arzneimittel der anthroposophischen Therapierichtung auf dem Markt. Anwendungsgebiete sind die nicht-eitrige Bindehautentzündung, katarrhalische Entzündung am Auge mit erhöhtem Tränenfluss und Lidödeme. Von der Kommission E wurde Augentrostkraut als negativ verabschiedet, da das damals vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial die Wirksamkeit nicht belegen konnte. Da es aber auch keine Risiken bei der Anwendung gibt, wird diese Beurteilung als sog. „Nullmonografie“ bezeichnet.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Volksheilkunde hat Augentrost einen festen Platz bei folgenden Anwendungsgebieten:

  • Augenbeschwerden:
    • Augenleiden, zu Waschungen, Umschlägen und Augenbädern
    • Ermüdungserscheinungen des Auges, z.B. nach zu viel Bildschirmarbeit
    • Vorbeugung von Bindehautentzündungen (als Tee)
  • Haut: Akne (mit dem Tee waschen)
  • Verdauungstrakt, Stoffwechsel:
    • Magen-Darm-Beschwerden, Leberschutz
    • unterstützende Behandlung eines Diabetes mellitus (als Tee)
  • Umstimmungstherapie bei „lymphatischen“ Kindern, die zu Erkältungen neigen (½ l Tee pro Tag für 3–4 Wochen trinken)

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Euphrasia gehört zu den häufig angewendeten homöopathischen Mitteln bei Augenentzündungen, Infekten und Augenreizungen sowie bei allergischen Zuständen (Heuschnupfen).

Auch in der Spagyrik wird Euphrasia angewendet bei Problemen mit den Schleimhäuten von Augen und Nase. Erkrankungen werden positiv beeinflusst.

Wirkung auf die Psyche

Augentrost stärkt nicht nur die äußere, sondern auch die innere Sehkraft. Er lässt uns hinter die Dinge schauen. Er hilft dabei, im eigenen Inneren den blinden Fleck zu finden und führt zum Aufdecken der eigenen ungeliebten Seiten. Das allerdings macht er sehr liebevoll und weist immer mit einem kleinen Augenzwinkern auf die Realität und ihre Chancen hin. Somit wird die Selbsterkenntnis ein freudiger Spaziergang zu den eigenen Möglichkeiten, zu eigener Kraft und Stärke. Wenn die Klarheit im Alltagsgeschehen verlorengegangen ist, verschafft er den Überblick, bringt wieder Licht in das Dunkel und öffnet die Augen als Fenster zur Seele.

Dosis/Dosierung

2–3 g Augentrost pro Dosis.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Für entzündete Augen sollten nur keimfreie Tropfen aus der Apotheke verwendet werden, für die Anwendung bei Hals, Mund und Magenbeschwerden reicht der selbst aufgebrühte Tee.

Behandlungsempfehlung

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 Augentrost-Tee Unterstützung der äußerlichen Behandlung

1 TL getrocknetes oder 2 TL blühendes Kraut mit 250 ml kochendem Wasser übergießen. 5 Min. ziehen lassen. 2–3 Tassen täglich. Der Tee ist auch in Form von Augenwaschungen hilfreich bei Bindehautentzündungen, Gerstenkörnern oder anderen Augenentzündungen.

Augenspülungen

1 TL pro Tasse als Aufguss, 10 Min. ziehen lassen. 1–2 Salzkristalle dazugeben. Das macht die Augenspülung angenehmer, weil der Tee dem Salzgehalt der Tränenflüssigkeit angeglichen wird.

Augentrostwein

2 Hände voll frischem Augentrostkraut mit ¾ l gutem Weißwein übergießen. Den Ansatz unter täglichem Umschütten 14 Tage lang an einem hellen Platz – aber nicht in der Sonne – stehen lassen. Abfiltrieren. Abends ein Likörgläschen davon trinken. In alten Kräuterbüchern heißt es, dieser Wein bringe die Sehkraft zurück und bewahre vor dem Gebrauch von Brillen. Casse-lunettezerbrich die Brille heißt der Augentrost deswegen auch in Frankreich.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

Monopräparate: Euphrasia Augentropfen Weleda/Wala, Euphrasia Urtinktur DHU.

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

Es sind keine bekannt.