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Pflanzenheilkunde

Artischocke (Cynara scolymus)

Korbblütler

Abbildung 1. Artischocke mit Blüte.
Abbildung 1. Artischocke mit Blüte.

Geschichte

Dioscurides, der Leibarzt römischer Kaiser, beschreibt im Jahre 50 n. Chr. die Artischocke als ein Gemüse, das ähnlich wie Spargel harntreibend sei und zur Beseitigung des üblen Körpergeruchs gegessen werde. Über den Kanon der Medizin, die Kräuterbücher des persischen Arztes Avicenna gelangte die Anwendung der Artischocke am Anfang des 2. Jahrtausends auch nach Mitteleuropa: Auch dort wurde sie in erster Linie als delikates Gemüse verzehrt. Hieronymus Bock war 1546 der erste, der in seinem New Kreütterbuch die Anwendung der Artischocke – in Wein gekocht – als reinigend für Leber und Niere beschrieb. In der Folgezeit galt Artischocke viel mehr als ein Aphrodisiakum. Selten wurde sie auch gegen chronische Leberentzündungen verwendet.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Artischocken-Blätter.
Abbildung 2. Artischocken-Blätter.

Die Artischocke kommt ursprünglich aus Äthiopien und wanderte über Ägypten mit ihrem arabischen Namen Cynara in den Mittelmeerraum und nach Rom. Dort wurde sie zunächst als Gemüsepflanze angebaut. In Mitteleuropa konnte sie als Wildpflanze nicht Fuß fassen, da sie nicht winterhart ist.

Die Artischocke ist eine kräftige, bis zu 2 Meter hohe Distel mit großen graugrünen Blättern, die 2- bis 3-fach gefiedert, manchmal bis zu 50 cm lang sind und deren Unterseite weichfilzig behaart ist. Sie bilden eine grundständige Rosette. Jeder Stängel ist beblättert und trägt an seinem Ende 1–3 große Blütenköpfe. Die Blüte ist eine große, wunderschöne blauviolette Distelblüte. Auf dem fleischigen, flachen Blütenboden stehen zahllose violette Röhrenblüten. Diese sind umgeben von vielen dachziegelartig angeordneten, am Grunde fleischigen Hüllblättern, deren Rand leicht gebuchtet ist oder ein dornig bespitztes Anhängsel trägt. Zungenblüten sind nicht vorhanden.

Der fleischige Blütenboden und die fleischige Basis der Hüllblätter der noch geschlossenen Blüte sind gekocht eine beliebte Delikatesse.

Arzneilich verwendet werden die getrockneten Blätter (Cynarae folium) und der Frischpflanzenpresssaft von noch nicht aufgeblühten Artischockenblüten.

Signatur

Die Artischocke liebt die Wärme und wächst in der Wärme zu üppiger Größe heran. Sie strahlt Lebenskraft aus. Mit ihrer Größe verrät sie, dass sie auch das größte Organ im Körper stärken und unterstützen kann – die Leber. Auch der bittere Geschmack spricht von der Wirkung auf die Leber. Damit sorgt sie für Entgiftung und für eine effektive Gallenfunktion. Die Stacheln und die Verwandtschaft mit den Disteln zeigen auch, dass sie sich nach außen zu wehren weiß.

Roger Kalbermatten beschreibt die Artischocke als eine Pflanze, die die Üppigkeit ihrer ausschweifenden Gestalt mit einer bitteren Schutzschicht auf ihren Blättern nach außen abgrenzt. Mit der zusammenziehenden Kraft der Bitterstoffe schützt sie ihre empfindliche innere Mitte. Hier sieht er eine Parallele zur Arteriosklerose, bei der sich die Gefäßwände verhärten, um dadurch ihr fließendes Inneres zu schützen.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Die Artischocke hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 5% Sesquiterpen-Bitterstoffe mit einem Bitterwert von 11.500; Cynaropikrin regt die Produktion von Magensäure an
  • 0,5% Flavonoide, u.a. Cynarosid und Luteolin – diese bremsen die Cholesterin-Biosynthese
  • Gerbstoffe
  • 2,4–6% Kaffeesäurederivate, u.a.
    • Chlorogensäure, welche die Produktion und Ausscheidung von Gallensäuren (und damit von Cholesterin) anregen – Frischpflanzenextrakt enthält mehr Chlorogensäure
    • Cynarin wirkt antioxidativ, choleretisch, lipidsenkend

 Zubereitungen aus Artischocken haben folgende Wirkungen:

  • choleretisch, cholekinetisch: fördern die Erzeugung und Ausschüttung der Galleflüssigkeit
  • hepatoprotektiv: verbessern die Entgiftungs- und Regenerationsfunktion der Leber
  • antioxidativ: steigern Metabolisierungsleistung und Syntheseaktivität der Leber
  • lipidsenkend: unterstützen die Fettverdauung und verringern Blutfette und Cholesterinspiegel im Serum ()
  • antidiabetisch: regen die Pankreasfunktion an und dämpfen Blutzuckerspitzen

Anwendungsgebiete/Indikationen

Artischocken kommen zur Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • Gallenerkrankungen, Gallensteine (vorbeugend und gegen Rezidive), nach Gallenblasenoperationen zur Unterstützung
  • dyspeptische Beschwerden:
    • Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen, Roemheld-Syndrom, hervorgerufen durch mangelnde Lebertätigkeit
    • Appetitlosigkeit
  • Reizdarm
  • Arteriosklerose als Lipidsenker: Cholesterin- und Triglyzeride werden gesenkt, das Verhältnis von LDL und HDL verbessert
  • Stoffwechselerkrankungen:
    • Adipositas
    • Diabetes mellitus als Adjuvans in der Therapie des metabolischen Syndroms
  • Darmparasiten, Würmern (zusammen mit anderen Bitterstoffdrogen, regt die Darmperistaltik an)

Indikationen nach ESCOP, HMPC; WHO, Kommission E, Monografien

Das HMPC hat Artischockenblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Artischockenblätter können bei dyspeptischen Verdauungsbeschwerden, die mit Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz einhergehen, eingesetzt werden. Klinische Studien belegen die Wirksamkeit bei dyspeptischen Beschwerden, insbesondere bei funktionellen Störungen der ableitenden Gallenwege.

Die ESCOP-Monografie führt als Anwendungsgebiet Verdauungsstörungen wie Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Flatulenz und Gallenbeschwerden an. Genannt ist zudem die Unterstützung einer Niedrigfettdiät zur Behandlung einer leichten Hyperlipidämie.

Die Kommission E nennt als Indikation lediglich dyspeptische Beschwerden.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Erfahrungsheilkunde werden Artischockenweine bei Verdauungsbeschwerden und in der Rekonvaleszenz geschätzt. Auch die Anwendung bei Diabetes mellitus ist überliefert.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Auch homöopathisch wird Cynara scolymus bei chronischen Leber- und Gallenerkrankungen angewendet.

Auch in der Spagyrik kommt die Artischocke zur Anwendung, um die Gallenfunktion anzuregen und die Verdauungsleistung zu verbessern. Blähungen, Krämpfe im Bauchraum sowie schmerzhaft Gallenstörungen lösen sich. Gleichzeitig sinkt der Blutcholesterinspiegel.

Prävention

Sinnvoll ist eine Verwendung der Extrakte aus Artischockenblättern zur Prophylaxe der Arteriosklerose und der Hypercholesterinämie.

Wirkung auf die Psyche

Die Artischocke hilft, die empfindsame, innere Mitte zu finden und zu schützen. Hierzu verhelfen ihre Bitterstoffe, mit denen sie sich gegen Beeinflussungen von außen abgrenzt. Das wirkt einer inneren Verhärtung entgegen. Sie hilft dabei, in sich selbst zur Ruhe zu kommen, daraus die Kraft zu schöpfen und das eigene Leben mit Maß und Ziel zu gestalten. Mithilfe der Artischocke akzeptiert man seine Eigenarten und Besonderheiten und lebt sie.

Dosis/Dosierung

Mittlere Tagesdosis: 3–6 g Artischockenblätter. Vor den Mahlzeiten eine Tasse Artischockenblättertee trinken

Darreichungsformen und Zubereitungen

1 TL Artischockenblätter mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen. 1 Tasse vor den Mahlzeiten.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

Monopräparate: Hepar SL forte, Hepacyn Tbl., Ardeycholan Kapseln, Artischocke Frischpflanzensaft Schoenenberger
Kombinationspräparate: Salus Gallexier Kräutertabletten (+ Curcuma, Mariendistel, Kamille, Löwenzahn, Pfefferminze)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Bei bestimmungsgemäßer Anwendung sind keine bekannt.
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Beim Verschluss der Gallenwege und Gallensteinen oder Leberleiden dürfen Artischockenblätter nicht eingenommen werden, ebenfalls nicht bei Vorliegen einer Allergie gegen Korbblütler (Kreuzallergie möglich).