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Pflanzenheilkunde

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Korbblütler

Abbildung 1. Blüte der Schafgarbe.
Abbildung 1. Blüte der Schafgarbe.

Geschichte

Die Pflanze erhielt ihren Namen nach Achilles, dem Helden des trojanischen Krieges. Er war nur noch an der Ferse verletzlich und ausgerechnet da traf ihn der vergiftete Pfeil des Paris. Der pflanzenheilkundige Zentaur Chiron rettete ihn mit Hilfe der Schafgarbe. Von ihm lernte Achilles fortan die Pflanzenheilkunde und heilte viele Wunden der kämpfenden Soldaten mit der Schafgarbe. Mille heißt tausend und folium ist das Blatt. Gemeint sind die tausendfach fein ziselierten Fiederblättchen. Garbe ist ein altes deutsches Wort für die Heilende. Hirten gaben dieses Kraut den Schafen, wenn bei ihnen der Hundebandwurm zur Drehkrankheit geführt hatte. Sie selbst tranken Schafgarben-Tee zum Schutz gegen Kälte und Katarrhe.

An den vielen Namen der Schafgarbe sind ihre vielen Wirkungen abzulesen. Augenbraue der Venus hieß sie wegen der fein ziselierten Blätter. Mutterkraut nannte Hildegard von Bingen sie und pries ihre Wirkung auf die weiblichen Organe. Als Soldatenkraut heilte sie seit Jahrtausenden die Wunden der tapferen Kämpfer. Als Pestilenzkraut war sie im Mittelalter bekannt und als Bauchwehkraut half sie in Österreich.

Die Schafgarbe gehört zu der kraftspendenden grünen Neune, jener Mischung aus neun Kräutern, die im Frühjahr für neue Kraft, Energie und Gesundheit in den wintermüden Menschen sorgt. Und sie gehört in das Kräuterbüschel, das zu Maria Himmelfahrt am 15. August gepflückt und an Marienaltären geweiht wird um aus der Fülle und dem Überfluss im August für ein weiteres Jahr voller Glück und Gesundheit zu sorgen.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Schafgarbe, Stängel und Blätter
Abbildung 2. Schafgarbe, Stängel und Blätter

Schafgarbe wächst aus einem kriechenden Wurzelstock und unterirdischen Ausläufern mitten in Wiesen und Weiden und auch an Wegrändern. Im frühen Frühjahr bildet sie kleine dunkelgrüne Rosetten aus den 2- bis 3-fach gefiederten Blättchen. Im Sommer schiebt sie die Blütenstängel nach. Diese werden bis zu 50 Zentimeter hoch, haben einen ovalen Querschnitt und sind innen mit einem weißen Mark gefüllt. Sie sind meist leicht behaart und sehr aufrecht. An ihrem Ende stehen in Trugdolden zahlreiche 4–9 mm große Blüten mit 4–6 kurzen, weißen Zungenblüten und cremefarbenen Röhrenblüten. Sie stehen zusammen in bis zu 8 cm breiten Blütenkörbchen und blicken wie ein kleiner weißer oder manchmal auch rosafarbener Blumenstrauß der Sonne entgegen.

Als Arzneidroge wird das Schafgarbenkraut (Millefolii herba) verwendet. Am besten wird die ganze Pflanze der Schafgarbe im Hochsommer zur Blütezeit und ausnahmsweise in der vollen Mittagssonne eine Handbreit über dem Boden abgeschnitten und in Bündeln zum Trocknen aufgehängt.

Signatur

Die Signatur der fein gezeichneten Blätter spricht für eine Wirkung auf die feinsten Kapillaren im Körper und lässt erkennen, dass die Schafgarbe die Durchblutung zum Beispiel auch bei kalten Händen und Füssen steigert. Der starke Duft lässt große Heilkräfte erahnen, unsere Vorfahren sahen darin einen Schutz vor Krankheitsgeistern und nannten die Pflanze Heil aller Welt. Die zart gefiederten Blätter werden mit dem Aufbau der Wirbelsäule in Verbindung gebracht und können bei Rückenschmerzen helfen. Herrgottsrückenkraut hieß sie deswegen auch.

In dem Wachstum der Schafgarbe drückt sich eine große Beständigkeit aus. Sie wächst langsam und stetig, speichert so viel Sonne wie möglich und ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Ihr Stängel ist so kräftig, dass er sogar im Winter noch braun und aufrecht über der Schneedecke zu sehen ist. Aus diesen harten Schafgarbenstängeln schneiden die Chinesen seit 3000 Jahren die fünfzig Stäbe für ihr I-Ging-Orakel. Sie sind überzeugt davon, dass diese Stäbchen sie in die Zukunft blicken lassen, weil sie eine natürliche Verbindung zwischen dem Menschen und seinem Schicksal herstellen können.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Schafgarbenkraut enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:

  • Bitterstoffe: Sesquiterpenlactone mit Bitterwert 3000
  • 0,2–1% ätherisches Öl: u.a. mit bis zu 40% Chamazulen, Cineol, Campher, Bisabolol
  • Flavonoide: u.a. Apigenin, Artemitin, Rutin
  • Gerbstoffe: z.B. Phenolcarbonsäuren Caffeoylsäuren
  • Triterpene
  • stickstoffhaltige Molekülstrukturen (Stachydrin, Betonicin)
  • Mineralstoffe, v.a. Kalium

 Zubereitungen aus Schafgarbe wird als aromatisches Bittermittel bei folgenden Indikationen eingesetzt:

  • Verdauungstrakt:
    • regt den Appetit an
    • aktiviert Galle, Leber, Magen und Bauchspeicheldrüse (sekretionsfördernd, choleretisch)
    • spasmolytisch, karminativ
  • antimikrobiell (antibakteriell, antiviral, antimykotisch)
  • adstringierend: stillt Blutungen (auch bei zu starker Menstruation), fördert die Blutbildung, blutreinigend
  • Herz-Kreislauf:
    • steigert den venösen Rückstrom des Blutes zum Herzen, entlastet somit Herz und Kreislauf
    • blutdrucksenkend durch das Flavonoid Artemitin (ist noch Gegenstand der Forschung)
  • regt die Nierentätigkeit an (durch den hohen Kaliumgehalt)
  • durchwärmt bei Verspannungen, Stress und Kälte
  • antioxidativ
  • tonisierend

Anwendungsgebiete/Indikationen

Merke

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Die Wirkung von Schafgarbe ist ähnlich wie die Wirkung der Kamille, sie ist allerdings ein wenig schwächer und eher für den Langzeitgebrauch geeignet.

Schafgarbe kommt zur Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • Verdauungstrakt:
    • Magen- und Darmbeschwerden
    • Appetitlosigkeit
    • Gallenbeschwerden
  • Krampfadern und Hämorrhoiden, auch in der Schwangerschaft
  • Abschürfungen, Insektenstiche, Nasenbluten
  • kleinere blutende Wunden, infizierte Wunden

Fallbeispiel

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Auf einer Kräuterwanderung kletterte ein junger Mann über ein altes Gatter an einer Wiese. Dabei schnitt sich ein Lacksplitter von diesem Metallrohr ziemlich tief in seinen Daumen ein. Der Splitter ließ sich gut herausziehen, und die Wunde blutete stark. Zum Glück wuchs auf der Wiese kräftige Schafgarbe, die wir sofort pflückten, zwischen den Händen solange verrieben, bis der Pflanzensaft zu spüren war. So ein Bündel zerquetschte Schafgarbe legten wir auf die Wunde. Mit der frischen Schafgarbe, die immer wieder erneuert wurde, stoppte die Blutung sehr schnell und die Wunde heilte in den nächsten Tagen komplikationslos ab.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Schafgarbenkraut -blüten als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft. Sie sind indiziert zur Unterstützung der Verdauungsfunktion und zur Besserung des Befindens bei Unwohlsein. Bei zeitweilig auftretender Appetitlosigkeit, zur Behandlung leichter krampfartiger Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, die mit Blähungen und Flatulenz einhergehen, und bei leichten menstruationsbedingten Krämpfen können sie ebenfalls innerlich angewendet werden. Äußerlich sind Schafgarbenkraut und Schafgarbenblüten bei der Behandlung kleiner, oberflächlicher Wunden effektiv. Nach der ESCOP und der Kommission E sind Schafgarbenkraut und -blüten innerlich indiziert bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden wie leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. Äußerlich können sie als Sitzbäder bei schmerzhaften Krampfzuständen im kleinen Becken angewendet werden. Die ESCOP empfiehlt Schafgarbenkraut außerdem zur Behandlung leichter Haut- und Schleimhautentzündungen. Die WHO führt antibakterielle, antivirale, antioxidative, fiebersenkende und entkrampfende Wirkungen auf, die in Laboruntersuchungen bestätigt wurden.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Die Schafgarbe wirkt ausgleichend und harmonisierend bei folgenden Beschwerden:

  • Nierenkrankheiten mit Blasenschwäche
  • nervöses Herz und unruhige Nerven
  • leicht erhöhter Blutdruck (Artemitin)
  • chronisch entzündliche Lebererkrankungen
  • Entzündungen der Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes
  • Wundsein, Dekubitus (zusammen mit Kamille als Bad)
  • Zahnfleischentzündungen (die frische Pflanze kauen)

Zudem unterstützt Schafgarbe die Wirkung anderer Heilkräuter in Teemischungen: Äußerlich wird sie eingesetzt bei kleinen Wunden und leichten Entzündungen von Haut und Schleimhaut. „Schafgarbe im Leib tut wohl jedem Weib“. Diese alte Volksweisheit wird bestätigt durch die moderne Forschung: Schafgarbe aktiviert östrogenabhängige Stoffwechselwege und hilft bei folgenden gynäkologischen Beschwerden:

  • Durchblutungsstörungen im „kleinen Becken“
  • Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden (Apigenin)
  • Emmenagogum – deswegen nicht in hohen Dosen in der Schwangerschaft anwenden
  • Vulvitis, Kolpitis, Fluor vaginalis (entzündungshemmend)

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Millefolium eingesetzt bei Störungen im arteriellen Gefäßsystem, z.B. hellrote Blutungen jeglicher Genese, Verletzungen, Nasenbluten, auch bei schmerzhaften Krampfadern.

Auch in der Spagyrik hilft Achillea millefolium bei Leber-, Blasen- u. Nierenleiden, unregelmäßigen Monatsblutungen, bei Blutverlust (z.B. bei Nasenbluten).

Prävention

Die Schafgarbe erhält einfach gesund. Eine Forschergruppe aus dem Iran fand 2019 in einer placebokontrollierten klinischen Studie heraus, dass ein wässriger Extrakt aus der Schafgarbe (= Tee) als Begleittherapie bei Multipler Sklerose die Häufigkeit der Schübe deutlich verringerte.

Wirkung auf die Psyche

In der Schafgarbe ist viel Harmonie zu finden. Nicht nur, dass alte Kräuterastrologen in dem blutstillenden Kraut den Einfluss des Planeten Mars sahen, sie entdeckten in der starken Heilkraft auch die Göttin Venus, die mit ihrer Liebe heilte. Die beiden Planetengötter bekamen im Laufe ihres gemeinsamen Lebens zunächst vier streitbare Söhne und schließlich eine Tochter, die sie Harmonia nannten. Diese Harmonie zwischen männlich und weiblich ist in der Schafgarbe verkörpert. Sie verbindet starke Wurzelausläufer und einen zähen Stängel mit sehr weichen Blättern und einer leuchtend weißen Blüte zu einem harmonischen Ganzen. Sie schmeckt einerseits bitter, hat andererseits ein sehr zartes, belebendes Aroma. Sie vereint diese Gegensätze in sich und hilft jedem, der es möchte, den goldenen Mittelweg zwischen Höhen und Tiefen zu finden. Sie vermittelt eine neue Perspektive, beendet das kräftezehrende „entweder-oder“ und macht daraus ein „sowohl-als-auch“. Urvertrauen sickert langsam durch. Und sie vermittelt die Kraft der Beharrlichkeit, die sich in ihrem Wachstum ausdrückt. Die Schafgarbe macht allen Mut, sich selbst voller Freude zu leben und zu entfalten. Und dieses „Ja zu sich selbst“ wärmt von ganz tief innen heraus.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis: 4,5 g. 

 

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Schafgarben-Tee

2 g fein geschnittenes Schafgarbenkraut mit ca. 250 ml siedendem Wasser übergießen und nach 10–15 Min. abseihen. 3- bis 4-mal täglich eine Tasse Schafgarbentee zwischen den Mahlzeiten trinken.

Schafgarbenwickel

Ein feucht-warmer Leberwickel mit Schafgarben-Tee unterstützt die Leber in ihrer Entgiftungsfunktion. 2 TL Schafgarbe mit 500 ml heißem Wasser übergießen, 5 Min. zugedeckt ziehen lassen und ein doppelt gefaltetes Gästehandtuch hineintauchen. Ausdrücken, in ein Handtuch einschlagen und auf die Lebergegend legen (rechter unterer Rippenbogen). Mit einer Wärmflasche obendrauf und zugedeckt mit einer Wolldecke mindestens 20 Min. ruhen. Am besten um die Mittagszeit, da hat die Leber am wenigsten Energie (nach der chinesischen Meridianuhr).

Schafgarbentee zur Wundheilung

Die Schafgarbe ist ein guter Wundheiler. Deswegen beschleunigt Schafgarben-Tee vor und nach einer Operation die Heilung. (Das hat schon Hildegard von Bingen empfohlen). Die Wunde verheilt besser und man beugt neuen Infektionen vor. 3 Tage vor und etwa 1 Woche nach einer Operation täglich 1 l Schafgarben-Tee trinken. Dafür 3 EL Schafgarbenkraut in 1 l Wasser 2 Min. aufkochen, durch ein Sieb abgießen und über den Tag verteilt trinken. Schafgarbenkompressen und Leberwickel können den Genesungsprozess noch unterstützen.

Sitzbäder mit Schafgarbe

Für Sitzbäder wird ein Aufguss von 100 g Schafgarbenkraut in 2 L Wasser zubereitet, der nach 20-minütigem Ziehen dem Badewasser zugegeben wird.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Schoenenberger Schafgarbe Heilpflanzensaft, Schafgarbe Tropfen (Bio-Diät)
  • Kombinationspräparate: Menodoron (+ Majoran, Eichenrinde, Hirtentäschelkraut, Brennnessel), Amara Tropfen Weleda (+ Urtinkturen von Enzian, Wacholder, Salbei, Meisterwurz, Tausendgüldenkraut, Wegwarte, Wermut)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Selten Kontaktallergien (Schafgarbendermatitis). Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) sollte auf die Einnahme von Zubereitungen aus Schafgarbe verzichtet werden (Kreuzallergie möglich).
  • Interaktionen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.