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Pflanzenheilkunde

Mutterkraut (Tanacetum partenium)

Korbblütler

Abbildung 1. Mutterkraut, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.
Abbildung 1. Mutterkraut, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.

Geschichte

Tanacetum leitet sich ab aus dem griechischen Wort athanasia und bedeutet Unsterblichkeit, denn das Mutterkraut bleibt oft sogar in milden Wintern grün. Parthenium leitet sich ab von dem lateinischen Wort für Jungfrau. Das Mutterkraut war schon im Altertum bekannt und wurde bei Frauenleiden und zur Erleichterung der Geburt eingesetzt. Es wird in der von Karl dem Großen um das Jahr 800 erlassenen Landgüterverordnung aufgeführt und sorgte für die Verbreitung und Verwendung nördlich der Alpen. Jungfernkraut ist ein alter deutscher Name. Meidtblumen wurden sie auch genannt, da sie bei der Behandlung junger Mädchen und bei leichten Hysterien sich als wertvoll erwiesen. Fieberkraut verrät die fiebersenkende Wirkung. Auch gegen Malaria wurde es eingesetzt. Die Engländer nannten es das Aspirin des 18. Jahrhunderts.

Nicolas Culpeper (1616–1654), der große englische Kräuterarzt, schrieb, das Mutterkraut unterstehe der Venus, die es ihren Schwestern zur allgemeinen Stärkung der Gebärmutter empfahl und auch dazu, um Beschwerden zu beheben, die durch eine unachtsame Behandlung einer Hebamme verursacht waren. Wenn man das Kraut in Weißwein trinke, reinige es die Gebärmutter, treibe die Nachgeburt aus und tue einer Frau so gut, wie man es sich von einem Kraut nur wünschen könnte.

Der Name Hemdenknöpfchen geht darauf zurück, dass junge Männer, die das Herz eines Mädchens gewinnen wollten, sich diese Blüten ans Revers steckten.

Botanischer Steckbrief

Mutterkraut ist vor allem in den Gärten zu finden. Wildbestände sind meist durch Auswilderung der Gartenpflanzen entstanden. Folglich trifft man es in der Nähe von Siedlungen, Zäunen und Wegrändern an. Mutterkraut ist mehrjährig, es wird 30–50 cm hoch und blüht von Juni bis September.

Die Blätter des Mutterkrauts entfalten ihre breit gefiederten, länglichen Blattspreite in einem charakteristischen Gelbgrün. Die Stängel sind gerillt, kahl und verzweigen sich im oberen Drittel. An ihrem Ende wachsen 5–20 weiße Korbblüten, die an Kamillenblüten erinnern und bis zu 2 cm Durchmesser messen. Ein Kranz von weißen Zungenblüten mit drei abgerundeten Zähnchen umgibt zahlreiche gelbe Röhrenblüten. Die flachen Blütenköpfchen sind von dachziegelartig angeordneten grünen Hüllkelchblättern gehalten. 

Als Arzneidroge verwendet wird das zur Blütezeit geerntete Kraut (Tanaceti parthenii herba), bestehend aus Blättern, Stängeln und Blüten.

Signatur

Das Mutterkraut sieht zwar ähnlich aus wie die Kamille, hat aber einen sehr bitteren Geschmack, der für ein stärkendes Tonikum spricht. Auch der Geruch ist charakteristisch streng und deutet eine antimikrobielle Eigenschaft der Pflanze an.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Mutterkraut enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 0,5–0,9% ätherisches Öl mit der Hauptkomponente Campher
  • 0,5–2% Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe, mehr als 46 verschiedene, darunter Parthenolid bis zu 0,9%
  • Monoterpene
  • Flavonoide (Kämpferol, Quercetin)
  • Sterole (z.B. Sitosterol)
  • Melatonin

 Mutterkraut hat folgende Wirkungen:

  • schmerzlindernd
  • entzündungswidrig
  • krampflösend
  • fiebersenkend
  • blutungsfördernd (hemmt die Aggregation der Blutplättchen)
  • magenstärkend
  • antimikrobiell
  • leicht diuretisch
  • äußerlich antiseptisch und insektizid

Die Sesquiterpenlactone (Parthenolide) hemmen die Biosynthese der Entzündungsmediatoren wie z.B. der Prostaglandine, sie senken die Serotoninfreisetzung aus den Thrombozyten und bremsen die Histaminfreisetzung aus den Mastzellen.

Für die isoliert untersuchten Parthenolide wurde nachgewiesen, dass sie die Sensitivität von Krebszellen auf Chemotherapeutika erhöhen können.

Anwendungsgebiete –Indikationen

Mutterkraut kommt bei folgenden Indikationen zur inneren Anwendung:

  • neurologische Erkrankungen:
    • Migräne, bevorzugt hormonell bedingte, sowohl akut als auch präventiv; es mindert sowohl die Schmerzintensität als auch die Häufigkeit der Attacken. Übelkeit, Erbrechen und Schwindel bessern sich signifikant
    • Kopfschmerzen
    • Trigeminusneuralgie
  • Atemwegserkrankungen, Allergien:
    • Asthma bronchiale und andere Allergien (senkt den Histaminspiegel)
    • chronischer Husten und Nebenhöhlenentzündungen
  • Schmerzen und Entzündungen von Arthritis und rheumatische Erkrankungen
  • Magenschmerzen und Verdauungsstörungen
  • leicht fiebrige Erkrankungen
  • Menstruationsbeschwerden

Weniger bekannt ist, dass Mutterkraut jene Menschen beruhigt, die hypernervös und leicht hysterisch sind, die auf Schmerzen überempfindlich reagieren und zu Reizbarkeit und plötzlichen Wutanfällen neigen. Man gab Mutterkraut auch verärgerten Kindern zur Beruhigung. Mutterkraut stärkt das Nervensystem, löst die Spannungen, vertreibt Depressionen und fördert den Schlaf.

Mutterkraut kommt zur äußeren Anwendung bei Insektenstichen und blauen Flecken.

Fallbeispiel

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Niklas M. war Tontechniker beim Fernsehen. Er machte seine Arbeit gerne, musste aber die ganze Zeit in Räumen mit künstlicher Beleuchtung zubringen. Das Tageslicht fehlte ihm, an der frischen Luft ging es ihm aber auch nicht viel besser. In wöchentlichen Abständen war er von Migräne geplagt. Mutterkraut besserte zu seiner eigenen Überraschung sofort und anhaltend seine Beschwerden.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Mutterkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft und es zur Prophylaxe von Migräne zugelassen, wenn ärztlicherseits keine Bedenken bestehen. Auch die ESCOP gibt als Indikation Migräneprophylaxe an. Die WHO führt Studien über die Migräneprophylaxe an, die aber die Wirkung auf rheumatoide Arthritis nicht belegen konnten. Von der Kommission E wurde das Mutterkraut nicht bearbeitet, da es in Deutschland zu der damaligen Zeit keine Bedeutung hatte.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Besonders in der englischen Volksheilkunde war das Mutterkraut fast ein Allheilmittel und wurde verwendet bei Anämie, Arthritis und Rheumatismus, Asthma, Erkältungen, Verstopfung, Durchfall, Menstruationsproblemen, Verdauungsstörungen, Ödemen, Fieber, Insektenstichen, Tinnitus, Zahnschmerzen und Schwindel.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Die Blütenessenz findet ebenfalls Verwendung bei Kopfschmerzen und Migräne, die in regelmäßigen Zusammenhängen mit der Menstruation auftreten.

Prävention

Zur Vorbeugung von Migräne hat es sich bewährt, 1 Monat lang täglich ein Blatt des Mutterkrauts zu essen, oder 5–10 Tr. der Tinktur einzunehmen.

Wirkung auf die Psyche

Mutterkraut stärkt in stressigen Zeiten, beruhigt und entspannt das Denken. Es stärkt die rechte Gehirnhälfte, in der die eher weibliche, emotionale Seite des Lebens zum Tragen kommt. Damit fördert es den wohlwollenden und liebevollen Umgang mit sich selbst. Und hilft dann, Kopf und Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Dosis/Dosierung

Die Dosierungsempfehlungen variieren zwischen 50 und 1.200 mg Pulver der getrockneten Pflanze, meistens liegen sie bei 100 mg. Die ESCOP empfiehlt eine Tagesdosis von 0,2–0,6 mg Parthenolide.

Darreichungsformen und Zubereitungen

2–3 Tassen Mutterkrauttee jeweils vor dem Essen über einige Monate trinken, dann die Dosis reduzieren.

Behandlungsempfehlung

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Pulverisierte Pflanze

Die Bereitung eines Teeaufgusses ist nicht sehr sinnvoll, da die Inhaltsstoffe des Mutterkrauts kaum in den Tee übergehen. Es wird empfohlen, die getrocknete und pulverisierte Pflanze direkt einzunehmen.

Pflanzenblatt

Wer Mutterkrautpflanzen im Garten hat, kann einfach ein frisches Blatt davon kauen. Das schmeckt am besten zwischen den Scheiben eines Butterbrots.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

Monopräparat: Nemagran Tr., (Arkocaps Mutterkraut Kps in der Schweiz).

Nebenwirkungen, Indikationen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Allenfalls kommt es zu leichten Magen-Darm-Beschwerden.
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Allergien gegen Korbblütler. Nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit einnehmen.