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Pflanzenheilkunde

Zaubernuss (Hamamelis virginiana)

Zaubernussgewächse

Abbildung 1. Zaubernuss, Stängel mit Blättern, Kapsel und Trieb.
Abbildung 1. Zaubernuss, Stängel mit Blättern, Kapsel und Trieb.

Geschichte

Sie zaubert im Winter unter Frost und Schnee leuchtend gelbe Blüten hervor. Das gelingt den Zaubernussbüschen, weil ihre Blüten ein inneres Frostschutzmittel bergen und bis zu -10 °C aushalten können. Bei ungemütlichem Wetter rollen sie ihre Blütenblätter einfach zusammen, so als ob sie sich gegenseitig wärmen wollten. Virginia in Nordamerika ist die Heimat der Zaubernuss. Dort heißt sie auch witch hazel (Hexenhasel) – wohl wegen der großen Ähnlichkeit der Blätter mit der Haselnuss. Vielleicht heißt sie aber auch so, weil aus ihren Zweigen Wünschelruten geschnitten wurden. Oder vielleicht, weil ihre prallen Samen die Nüsse meterweit zaubern (= schleudern) können. Sie galt jedenfalls als Zaubermittel gegen Verletzungen jeglicher Art. Noch heute ist das Hamameliswasser in Nordamerika ein beliebtes Rasierwasser.

Botanischer Steckbrief

Der Hamamelisstrauch ist sehr beliebt als Pflanze der Vorgärten und wird dort als sommergrüner Busch bis zu 5 m hoch. Er trägt eiförmige, parallelnervige Blätter, die buchtig gezähnt sind. Der Mittelnerv auf der Blattunterseite tritt stark hervor. Die Blüten entwickeln sich aus den Blattachseln heraus. Fünf fadenartige Blütenblätter sitzen meist zusammen in Büscheln. Ab Dezember leuchten sie goldgelb in die Winterlandschaft. Die Früchte wachsen zu holzigen, dicht behaarten zweisamigen Kapseln heran, aus denen die Samen im Reifstadium bis zu 4 m weit heraus geschleudert werden.

Als Arzneidroge verwendet werden die Blätter (Hamamelidis folium) und Rinde (Hamamelidis cortex). Blätter und Rinde werden zu Extrakten verarbeitet (Hamamelidis extractum fluidum).

Signatur

Am Hamamelisstrauch ist auffällig, dass er in seinem eigenen Rhythmus blüht und fruchtet. Die ersten Blüten sind bereits im Dezember zu entdecken, die daraus hervorgehenden Samen aber erst im folgenden Oktober fertig ausgebildet. Für den flüchtigen Beobachter sieht es so aus, als ob er zuerst fruchtet und dann blüht. Diese Eigenart schützt er mit vielen Gerbstoffen, die ihm helfen, seine Grenzen und seine Berührungspunkte mit der Außenwelt klar zu verteidigen. Auch mit der Kälte kann er wunderbar umgehen und zeigt seine innere Wärme als Blüten in der kältesten Jahreszeit.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Hamamelisblätter haben folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 3–8% Gerbstoffe: kondensierte Gerbstoffe = Catechingerbstoffe, Polyphenole, Proantocyanidine
  • Flavonoide: z.B. Quercetin, Kämpferol, die als Radikalfänger wirken
  • organische Säuren: u.a. China-, Kaffeesäure, Gallussäure
  • 0,5% flüchtige Bestandteile (keine ätherischen Öle)

Die Hamamelisrinde enthält deutlich mehr Gerbstoffe (8–12% Gerbstoffe hydrolysierbare Gerbstoffe = Gallotannine, v.a. Hamamelistannin). Sie dichten das Gewebe ab und setzen die Permeabilität der Kapillaren herab. Dadurch stillen sie bei lokaler Anwendung leichte Blutungen (z.B. beim Rasieren).

Aus der Rinde der Zweige (Hamamelis cortex) und aus den Blättern (Hamamelis folium) wird Hamameliswasser hergestellt. Bei ihrer Destillation gehen die Gerbstoffe nicht ins Destillat über. Somit enthält Hamameliswasser nur die flüchtigen Bestandteile der Pflanze, die ätherischen Öle. Dieses Wasser wirkt sehr viel milder und pflegender und kann gut als reinigendes Gesichtswasser genutzt werden.

Hamamelisblätter, Hamamelisrinde und Hamameliswasser haben folgende Wirkungen:

  • Venen, Gefäße:
    • adstringierend: dichten die Haut ab und ziehen Gewebe zusammen
    • antiphlogistisch: hemmen Entzündungen, greifen in die Entzündungskaskade ein, verringern die Freisetzung von Histamin
    • hämostyptisch: stillen lokale Blutungen
    • verengen die oberflächlichen Gefäße (kapillarpermeabilitätshemmend)
    • entstauen die Venen (vasokonstriktorisch)
  • Haut:
    • lindern Juckreiz und haben eine leichte lokalbetäubende Wirkung (leicht anästhesierend)
    •  fördern die Wundheilung
  • antiseptisch und antiviral
  • antitumoral in Laborversuchen (Gallotannine)

Anwendungsgebiete/Indikationen

Zubereitungen der Zaubernuss kommen zur Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • Krampfaderbeschwerden, Wadenkrämpfen, Venenpflege, Hämorrhoiden
  • leichten Hautverletzungen
  • nässenden und infizierten Wunden
  • Ekzemen mit Juckreiz, Neurodermitis, Windeldermatitis, Dermatitis seborrhoica, Insektenstichen
  • lokalen Entzündungen der Haut- und Schleimhäute
  • Wundwerden, Frostbeulen, Verbrennungen
  • Sportverletzungen (schmerzstillend, fördert den Heilungsprozess)
  • der Pflege empfindlicher Haut, trockener Altershaut und in der Säuglingspflege

Fallbeispiel

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Frau B. plagten seit Beginn der Wechseljahre unangenehme Marisken. Das sind „äußere Hämorrhoiden“, die zwar nicht schmerzhaft, aber immer störend sind. Ihr halfen tägliche lauwarme Sitzbäder mit Hamamelisextrakt und die anschließende Pflege mit einer Hamamelissalbe. Dazu trank sie täglich 1 l Schafgarbentee und achtete darauf, jeden Bissen mindestens 20-mal gründlich zu kauen um den Enddarm zu entlasten.

Indikationen nach Monografien

Hamamelisblätter und Hamamelisrinde

Das HMPC hat Hamamelisrinde und Hamamelisblätter als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft. Sie können äußerlich bei leichten Hautentzündungen und bei trockener Haut angewendet werden, außerdem gegen Jucken und Brennen bei Hämorrhoiden sowie als Mundspülung oder Gurgellösung bei leichten Entzündungen der Mundschleimhaut. Durch klinische Studien belegt sind die Anwendungsgebiete bei Juckreiz, Brennen, leichten Blutungen von Hämorrhoiden Grad I und II sowie Entzündungen der Schleimhaut im Bereich des Darmausgangs.

Die ESCOP führt als Indikationen für die Rinde hinzu – innerlich zur Kurzzeitbehandlung von Durchfallerkrankungen, die Blätter bei Krampfadern und schmerzenden und schweren Beinen. Äußerlich finden Blätter und Rinde Verwendung bei Beschwerden im Zusammenhang mit Krampfadern, schmerzenden und schweren Beinen, Verstauchungen und Blutergüssen, bei lokalen Entzündungen der Haut und Schleimhaut und zur Linderung der Symptome bei Neurodermitis. Die WHO betont noch die blutstillende Komponente. Die Kommission E nennt als Indikationen für Rinde und Blätter zur äußerlichen Anwendung leichte Hautverletzungen, lokale Entzündungen von Haut und Schleimhäuten, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden.

Hamameliswasser

Das HMPC hat Hamameliswasser als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Es kann bei leichten Hautentzündungen und bei trockener Haut angewendet werden, außerdem zur Linderung von Augentrockenheit. Durch klinische Studien belegt sind für Hamameliswasser oberflächliche Hautverletzungen, lokale Entzündungen von Haut und Schleimhäuten und die Behandlung von Hämorrhoiden im Anfangsstadium.

Die ESCOP ergänzt als Indikationen Blutergüsse, Hautreizungen, Sonnenbrand, Insektenstiche, Hämorrhoiden und leichte Haut- und Schleimhautentzündungen.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Die Ureinwohner Nordamerikas verwendeten Hamamelis bei problematischen Wunden, Verletzungen und Verbrennungen. In der Erfahrungsheilkunde diente es auch schon mal bei Schleimhautentzündungen des Dickdarms, bei Colitis und Durchfall. Auch bei Beschwerden infolge von Veneninsuffizienz wurde es verwendet. In Frankreich wird es bei Konjunktivitis eingesetzt und außerdem zur Mundhygiene.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Hamamelis bei Problemen mit dem venösen Gefäßsystem und der Haut angewendet, die meist mit einem allgemeinen Zerschlagenheitsgefühl einhergehen.

In der Spagyrik zeigt Hamamelis besonders deutlich wundheilende, entzündungswidrige und blutstillende Eigenschaften und wird deswegen eingesetzt bei Venenbeschwerden aller Art sowie bei schmerzhaften und zu starken Menstruationsblutungen.

Wirkung auf die Psyche

Ganz gleich wie kalt die Umgebung ist, die Zaubernuss weiß um ihr inneres Feuer. In ihr und durch sie blüht das Feuer der Erde – auch im Januar. Die Kälte hat keine Chance gegen das innere Feuer – dieses Wissen vermitteln die Blüten und ermuntern uns, es ihnen gleich zu tun und mit unserem inneren Feuer eine gefühlskalte Umgebung zu erwärmen. Sie sind dabei eine Quelle schier unerschöpflicher Energie. Sie sorgen für tiefe innere Regeneration. In den Blüten steckt auch das Wissen, dass mit jedem neuen Tag eine neue Chance gegeben ist. In ihnen brennt ihre eigene Vision: Das Feuer der Klarheit. Dagegen sind Eis und Kälte einfach machtlos. Und die Gerbstoffe in Blättern und Rinde verleihen die Kraft zum Durchhalten.

Dosis/Dosierung

Blätter: Tagesdosis 2–10 g, 2- bis 3-mal täglich 1 Tasse. Rinde Tagesdosis 2–3 g, 2- bis 3-mal täglich 1 Tasse.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Tee

1 TL voll Rinde oder Blätter pro Tasse Wasser aufkochen und 20 Min. ziehen lassen. 1- bis 3-mal täglich zu sich nehmen.

Bad

1 Hand voll Blätter in 1 L Wasser aufkochen, dem Badewasser hinzufügen.

Umschläge

2 EL getrocknete Rinde und -blätter in 500 ml Wasser aufkochen, den Sud 15 Min. ziehen lassen, abgießen. Mit diesem Sud eine Kompresse tränken und auf die betroffene Hautstelle legen. Immer wieder erneuern, bis Besserung eintritt. 3-mal täglich anwenden.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Hametum Salbe, Creme, Zäpfchen, Hamamelisessenz Wala, Hamameliswasser bio Primavera, Faktu Lind M Salbe und Zäpfchen,
  • Kombinationspräparate: Weleda Hämorrhoidalzäpfchen (+ Rosskastanie)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Es können möglicherweise Kontaktallergien auftreten.
  • Interaktionen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.