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Pflanzenheilkunde

Pfefferminze (Mentha x piperita)

Lippenblütler

Abbildung 1. Pfefferminze, Stängel mit Blüten.
Abbildung 1. Pfefferminze, Stängel mit Blüten.

Geschichte

Die verschiedenen Minzarten sind in allen Kulturen und zu allen Zeiten als Gewürz- und Arzneidrogen geschätzt. In ägyptischen Gräbern wurden sie in Blumengebinden gefunden. Auch unsere keltischen Vorfahren weihten Minzen im Kräuterbüschel ihren Toten.

Der Name Mentha erinnert an die griechische Sage, nach der die liebliche Nymphe Minthe einstmals eine Geliebte des Hades war, dem Gott der Unterwelt. Sie faszinierte ihn (u.a.) durch den feinen Duft ihrer Haut. Seine Gattin Persephone erwischte die beiden in flagranti, zerriss in ihrer Eifersucht die Nymphe in tausend Stücke und stampfte sie in Grund und Boden. Hades konnte sie nicht wieder zum Leben erwecken, wollte jedoch diesen lieblichen Duft nicht missen. So sorgte er dafür, dass dieser Duft wenigstens als Pflanze auf der Erde bleiben konnte. Im nächsten Sommer wuchs aus all diesen Teilen ein Kraut, das seitdem mit seinem Duft die ganze Welt erfreut. Bienen und Menschen lernten es schnell lieben und Hades erkannte in diesem Geruch seine Geliebte wieder…

Aristoteles empfahl die Minze als Aphrodisiakum, warnte allerdings davor, zu viel davon zu nehmen. Den Soldaten der damaligen Zeit wurde geraten, vor einer Schlacht gar keine Minze zu sich zu nehmen, da sie in den Männern die Leidenschaft wecke und sie vom Kampf abhalte.

Auch im alten Rom war der Duft der Minze sehr beliebt. Unter anderem flochten die Römerinnen daraus Kränze, mit denen sie sich auf Festen schmückten. Außerdem wurde Minze zu Sträußen gebunden und auf dem Fußboden verteilt, damit es in den Räumen gut roch. Die Römer rieben sogar die Tische mit frischen Minzblättern ein um die Fleischeslust anzuregen. Disocurides berichtet, dass die Minze Krone der Aphrodite genannt wurde. Auch Braut und Bräutigam trugen bei der Hochzeit Kränze aus Minze, sie waren für sie ein Symbol des Glücks.

Es war ebenfalls Dioscurides, (Arzt römischer Kaiser im 1. Jh.), der sie schließlich als reinigend für Lunge und Magen erkannte und sie äußerlich bei Hautproblemen und als Badezusatz gegen Juckreiz verwendete. Mit den Römern kam sie im 5. Jahrhundert nach Norden.

Sebastian Kneipp (1821–1897) zählte sie zu den Hauptmitteln, die den Magen stärken, die Verdauung fördern und das Aussehen frisch und gesund machen. Er gab sie Kranken, die geschwächt waren, leicht Herzklopfen bekamen, an Übelkeit und Erbrechen litten, über Leibschmerzen, schlecht riechenden Atem und unreine Haut klagten.

Botanischer Steckbrief

Die Pfefferminze ist vermutlich gegen Ende des 17. Jh. spontan aus der Kreuzung zwischen der Wasserminze, Mentha aquatica, und der Krausen Minze, Mentha spicata, entstanden. Das „x“ im botanischen Namen ist das Zeichen für diese Kreuzung. Die Krause Minze ist ihrerseits auch ein Bastard, deswegen wird die Pfefferminze manchmal auch als „Tripelbastard” bezeichnet. Die Minzen sind eine sehr kreuzungsfreudige Pflanzenfamilie und bilden immer wieder neue Varianten. Die Pfefferminze ist steril, d.h. sie bildet keine Samen aus und kann sich nur durch vegetative Vermehrung mit ihren Wurzelausläufern vermehren. Ab ca. 1750 wurde Pfefferminze nachweislich in Mitcham angebaut, damals ein Vorort von London. Die Mitcham-Pfefferminze ist heute noch berühmt.

Die echte Pfefferminze ist eindeutig an ihrem violetten Stängel zu erkennen. Er ist vierkantig, wie bei allen Lippenblütlern. Die Blätter der echten Pfefferminze sind glatt und unbehaart. Sie fühlen sich sehr kräftig und zusammen mit dem Stängel auch sehr zäh und robust an. Die dunkelgrünen Pfefferminzblätter (var. rubescens) sind länglich eiförmig, spitz, gestielt, der Rand ist gezähnt. Die Variante mit den hellgrünen Blättern (var. pallescens) sind etwas rundlicher. Insbesondere auf der Unterseite kann man mit bloßem Auge die punktförmigen Drüsen erkennen, die das ätherische Öl enthalten. Das Licht scheint hell hindurch, wenn man sie gegen den Himmel hält. Die Blüten stehen in langen Blütenständen am Ende des Stängels und sehen aus wie ein rosa-violetter Dreizack.

Signatur

Wer Pfefferminze einmal im Garten angepflanzt hat, weiß, dass sie einen starken Eroberungsdrang entwickelt und sich sehr gerne den ganzen Garten erschließen würde. Das spricht für ihre starken Lebenskräfte und ein ebensolches Durchsetzungsvermögen. Das prädestiniert sie dazu, die Lebenskräfte auch im menschlichen Körper wieder in Ordnung zu bringen. Ihr Duft vertreibt böse Geister, so glaubten in ganz alten Zeiten unsere Vorfahren – heute nennen wir sie Bakterien, Viren oder Pilze. Die rhythmische Anordnung der Blätter spricht dafür, dass sie auch im Körper rhythmische Vorgänge wie zum Beispiel den Atemrhythmus unterstützen kann.

Als Arzneidroge verwendet werden Pfefferminzblätter (Menthae folium) und Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetherolum). Pfefferminzblätter werden vor der Blüte geerntet. Aus ihnen wird durch Destillation das Pfefferminzöl gewonnen.

Abbildung 2. Blätter der Pfefferminze.
Abbildung 2. Blätter der Pfefferminze.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Pfefferminze hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:

  • 0,5–4% ätherische Öle, davon 50% Menthol, 14–32% Menthon, 2,8–10% Menthylacetat und andere Terpene. Menthol ist für den charakteristischen Geruch verantwortlich.
  • 3,5–4,5 Lamiazeen-Gerbstoffe, u.a. Rosmarinsäure
  • bis zu 17% Flavonoide, u.a. Eriocitrin, Luteolin
  • 0,1% Triterpene (u.a. Ursolsäure)
  • Bitterstoffe

Pfefferminze ein breites Wirkspektrum:

  • Spasmolytikum: löst Krämpfe. U.a. das Menthol im ätherischen Öl löst die Krämpfe und wirkt direkt entspannend auf die glatte Muskulatur des Magen-Darm-Trakts.
  • Cholagogum: aktiviert die Galle. Menthol wird über die Galle ausgeschieden und entfaltet seine antibakterielle Wirkung im enterohepatischen Kreislauf
  • Karminativum: vertreibt Blähungen
  • Antiseptikum: tötet Keime, hemmt Entzündungen
  • Sekretolytikum: löst den zähen Schleim auch der Bronchien
  • Analgetikum: Menthol wirkt ebenfalls schmerzstillend auf die Kälte- und Druckrezeptoren der Haut. Bereits zur Zeit der Römer war das Auflegen von frischen Pfefferminzblättern auf die Stirn als Heilmittel gegen Kopfschmerzen bekannt. Aktuelle Forschungen konnten zeigen, dass Pfefferminzöl, auf Stirn und Schläfen gestrichen, Kopfschmerzen genauso schnell und wirksam beseitigt wie Paracetamol und Aspirin.

 Zusätzlich haben die Blätter folgende Wirkungen:

  • appetitanregend
  • verdauungsfördernd
  • antimykotisch
  • antiviral (einige Herpes- und Grippeviren)
  • adstringierend – zieht Gewebe zusammen
  • nervenstärkend
  • leicht diuretisch

 Das ätherische Pfefferminzöl hat folgende Wirkungen:

  • hyperämisierend
  • lokalanästhetisch
  • verdauungsfördernd, krampflösend, karminativ, choleretisch
  • gefäßerweiternd
  • antimikrobiell, antimykotisch, insektizid, nematozid
  • antioxidativ

Anwendungsgebiete/Indikationen

Pfefferminzblätter und Pfefferminzöl sind bei folgenden Indikationen angezeigt:

  • Verdauungstrakt:
    • jegliche Gallenprobleme, auch bei Gallensteinen
    • krampfartige Beschwerden von Magen, Darm und Galle
    • Blähungen, Durchfall, Übelkeit
    • Verdauungsschwäche
    • Reizdarm (Colon irritabile)
  • Atemwege: festsitzender und chronischer Husten (als Inhalation)
  • Nervensystem: Spannungskopfschmerz, Migräne, Trigeminusneuralgie
  • Sportverletzungen als schmerz- und juckreizstillende Einreibung oder Spray (Menthol ruft auf Haut und Schleimhaut ein Kältegefühl hervor und lindert dadurch die Schmerzempfindlichkeit)
  • Wunsch nach Frische in Mund- und Zahnpflegemitteln, Deodorants

Fallbeispiel

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„Pfefferminze soll gegen Kopfschmerzen helfen…?“ brummelte Herr D. vor sich hin, als ich ihm vorschlug, doch einfach und vorsichtig ein Tröpfchen Pfefferminzöl auf seine Schläfen zu tupfen, wenn ihn die Kopfschmerzen schon morgens plagten. Er schüttelte weiter den Kopf: Diese Pflanze breite sich in seinem Garten so sehr aus, dass er sie immer wieder ausreißen müsse. (Alte Kräuterkundige hätten aus diesem Satz geschlossen, dass es genau die richtige Heilpflanze für ihn ist.) Also erzählte ich ihm, dass er – statt des sehr konzentrierten Pfefferminzöls – auch ganz einfach einige Blättchen zwischen den Fingern verreiben und den Pflanzensaft auf die Schläfen streichen könne. Beim nächsten Termin berichtete er strahlend davon, dass er sich mit der Pfefferminze angefreundet habe, jetzt sogar den Tee daraus trinke und dass seine Kopfschmerzen sehr viel seltener geworden seien.

Indikationen nach Monografien

Pfefferminzblätter

Das HMPC hat Pfefferminzblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Pfefferminzblätter können bei leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, z.B. Blähungen, eingesetzt werden. In Kombination mit anderen Arzneidrogen sind sie auch angezeigt zur Unterstützung der Verdauungsfunktion bzw. zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege. Für die ESCOP sind die Anwendungsgebiete Verdauungsbeschwerden, Blähungen und Gastritis (Magenkatarrh). Die Kommission E nennt krampfartige Beschwerden im Magen-Darm-Bereich sowie der Gallenblase und Gallenwege als Indikation.

Pfefferminzöl

Das HMPC hat für die innere Anwendung von Pfefferminzöl die Wirkung gegen krampfartige Beschwerden im Magen-Darm-Trakt (insbesondere Reizdarm-Syndrom), und für die äußere Anwendung die Wirkung gegen Spannungskopfschmerzen als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert. Das HMPC gibt für Pfefferminzöl die Anwendungen an bei Husten und Erkältungen, bei lokalen Muskelschmerzen und bei Juckreiz der intakten Haut. Innerlich kann es auch als Inhalat und äußerlich zu Mundspülungen eingesetzt werden. Der ESCOP zufolge dient Pfefferminzöl innerlich zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Flatulenz, Reizdarm-Syndrom, Husten und Erkältungen. Äußerlich bei Erkältungen, rheumatischen Beschwerden, Spannungskopfschmerzen, bei Hautsymptomen wie Juckreiz, Nesselsucht und schmerzhaften Hautreizungen. Für die Kommission E ist die innere Anwendung ähnlich gegeben bei krampfartigen Beschwerden im oberen Gastrointestinaltrakt und den Gallenwegen, bei Colon irritabile, Katarrhen der oberen Luftwege und Mundschleimhautentzündungen. Äußerlich bei Muskel- und Nervenschmerzen.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Erfahrungsheilkunde hat sich gezeigt, dass Pfefferminze einen schleimhautschützenden Faktor produziert, der in Atemwegen und Augenbindehaut die Abwehrkraft erhöht und ein Schutz für alle Schleimhäute ist. Auch andere Mitglieder der Minzfamilie mildern schädigende Umwelteinflüsse ab, wie z.B. etwa bei erhöhtem Ozongehalt in der Sommerluft, bei Smog in den autoreichen Städten oder in Zeiten erhöhter Ansteckungsgefahr.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Mentha piperita eingesetzt bei Atemwegserkrankungen und Hautentzündungen.

In der Spagyrik ist Mentha piperita das „Magenmittel“, das bei Magenkrämpfen, Blähungen und Koliken verwendet wird.

Wirkung auf die Psyche

Ein Kranz aus Pfefferminze auf dem Kopfe, so wie in der Antike, sieht nicht nur sehr hübsch aus, er stimmt auch heiter und fröhlich. Aber es muss nicht immer ein Kranz sein, ein einziges Blättchen oder eine Blüte genügt schon, um die belebende Wirkung zu spüren. Dieser Duft regt an, weckt alle Sinne und verführt zum ganz tiefen Durchatmen. Das macht aufmerksam für alles, was die Gegenwart zu bieten hat. Es klärt das Denken und Fühlen und bringt neuen Schwung und Motivation. Pfefferminze erfrischt wie ein kühlendes Bad in der Hitze des Sommers. Sie fördert die Bereitschaft und die Fähigkeit zu lernen, stärkt die Konzentration und das Gedächtnis. Und sie bringt diese Faszination mit, die voller Freude für Beständigkeit und Durchhaltevermögen sorgt.

Dosis/Dosierung

Mittlere Tagesdosis 3–6 g Blätter, 6–12 Tr. ätherisches Öl.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Tee

1 EL (ca. 1,5 g) Pfefferminzblätter mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. zugedeckt ziehen lassen. Tee aus frischen Pfefferminz-Blättern schmeckt unvergleichlich intensiver als der aus getrockneten oder gar aus Teebeuteln aufgegossene. Je nach Geschmack reichen wenige Blättchen pro Tasse. Es lohnt sich also, ein Töpfchen davon auf der Fensterbank zu haben.

Pfefferminzöl

2 Handvoll frische Pfefferminze in eine Weithalsflasche geben, 500 ml gutes Pflanzenöl darüber gießen bis alles gut bedeckt ist. Das verschlossene Glas 6 Wochen lang bei Zimmertemperatur stehen lassen, regelmäßig sanft umschütteln. Das Öl nach dieser Zeit absieben und in kleine, dunkle Fläschchen abfüllen. Das Öl kann verwendet werden als Massageöl oder zum Auftragen auf Stirn und Schläfen bei Kopfschmerzen.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Euminz Lösung, Pfefferminzöl Primavera, Chiana Kapseln Reizdarm magensaftresistent
  • Kombinationspräparate: Carmenthin (+ Kümmel), Carminativum-Hetterich N (mit Kamille, Fenchel, Kümmel, Pomeranzenschalen), Carvomin forte Tr. (+ Angelikawurzel, Benediktenkraut), Gastricholan L (+ Kamille, Fenchel), Bronchialbalsam Weleda (+ Fichte), Pinimentholsalbe und - bad (+ Eukalyptus, Kiefer, Campher)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen:
    • Bei Pfefferminzblättern sind keine Nebenwirkungen bekannt.
    • Bei äußerer Anwendung von Pfefferminzöl treten gelegentlich Hautreizungen und Ekzeme auf, innerlich angewendet bei magenempfindlichen Personen Magenbeschwerden. Bei Inhalation können empfindliche Patienten u. U. unerwünschte Reaktionen der Atemwege zeigen.
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen:
    • Keine innere Anwendung von Pfefferminzöl bei Gallensteinleiden, bei Verschluss der Gallenwege, Gallenblasenentzündungen und Leberschäden.
    •  Bei äußerer Anwendung Pfefferminzöl nicht direkt auf Schleimhäute oder verletzte Haut auftragen und nie im Bereich der Augen.

Vorsicht

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Bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu 2 Jahren kann Menthol einen Glottiskrampf oder Atemstillstand (Laryngospasmus) hervorrufen, deshalb darf Pfefferminzöl in dieser Altersgruppe nicht angewendet werden. Vorsorglich wird von der Anwendung bei Kindern bis zu 4 Jahren abgeraten.