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Pflanzenheilkunde

Herzgespannkraut (Leonurus cardiaca)

Lamiaceae (Lippenblütler)

Abbildung 1. Herzgespannkraut (ganze Pflanze mit Stängel, Blüten und Blättern).
Abbildung 1. Herzgespannkraut, ganze Pflanze mit Stängel, Blüten und Blättern.

Geschichte

Nicholas Culpeper, der bedeutende englische Kräuterheiler, empfiehlt 1653 in seinem Buch The Herbal das pulverisierte Herzgespannkraut in Wein bei Schwangerschaftsbeschwerden. Bei ihm heißt es auch Motherwort, also Mutterwurzel, weil es „die Frauen zu glücklichen Müttern macht“ und bei Gebärmutterproblemen hilft. Und weiter: „Brauchbar ist es bei zittrigen Herzen und Ohnmachtsanfällen, weswegen es auch cardiaca genannt wird.“

Gespann war in alten Zeiten ein Wort für Krampf oder Schmerz. Herzgespann waren nervöse Herzbeschwerden, die oft in ungenügender Verdauung und Blähungen ihre Ursache hatten. Herzheil, Herzgold, Herzkrampfkraut sind weitere Namen der Pflanze.

Botanischer Steckbrief

Das Herzgespannkraut steht unter Naturschutz, es kommt bei uns nur sehr selten an Wegrändern oder auf Schuttplätzen vor. Seine Heimat liegt in Osteuropa und Asien. Bäuerinnen pflanzten es gerne in ihre Gärten, weil es sehr dekorativ und sehr pflegeleicht ist. Die Staude kann bis zu 170 cm hoch wachsen, ihre Stängel sind wie bei allen Lippenblütlern vierkantig, behaart und innen hohl. Auch die Blätter sind behaart, sie haben einen kurzen Stiel und sind grob gezähnt. Die Grundblätter sind fünfzipflig und herzförmig, weiter oben am Stängel wachsen eher 3-teilige Blätter. Die zahlreichen, kleinen, altrosa Blüten stehen in den Achseln der Blätter in Scheinkronen. Sie blühen im Hochsommer. Die Pflanze duftet herb und schmeckt ziemlich bitter. LeonurusLöwenschwanz ist der botanische Name und bezieht sich wohl auf die struppig aussehenden ährenartigen Blütenstände. Leonurus cardiaca bedeutet: Löwenschwanz, der auf das Herz wirkt.

Arzneilich verwendet wird das Kraut (Leonuri herba). Das Kraut wird zur Blütezeit geerntet.

Abbildung 2. Herzgespanntkraut (Blüten und Blätter).
Abbildung 2. Herzgespanntkraut, Pflanze mit Blüten und Blättern.

 

Signatur

Der hohle Stängel des Herzgespanns deutet auf den Bezug zu einem Hohlorgan (Herz, Magen, Uterus) hin, die rote Farbe der Stängel zeigt die Beziehung zum Blut. Die regelmäßige Anordnung der Blätter am Stängel und ihre ausgeprägt gleichmäßige Aderung der Blätter spricht dafür, dass sie den Rhythmus reguliert und auch die Schilddrüse beruhigt.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Herzgespannkraut hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Alkaloide: Stachydrin zeigt im Labor blutdruckregulierende und neuroprotektive Wirkung, Leonurin reagiert mit GABA, beruhigt ähnlich wie Baldrian
  • herzwirksame Bitterstoffglykoside
  • Iridoide (Monoterpene), sie schmecken sehr bitter und wirken antimikrobiell
  • Gerbstoffe
  • Flavonglykoside
  • Diterpene

 Herzgespannkraut hat folgende Wirkungen:

  • Wirkung auf Herz und Kreislauf:
    • verbessert Durchblutung des Herzmuskels und senkt Pulsfrequenz (leicht negativ chronotrop). Das Herz schlägt wieder langsamer, gleichmäßiger und kräftiger
    • lindert nervöse Herzbeschwerden
    • senkt den leicht erhöhten Blutdruck (Kalziumkanalantagonist)
  • sedierend:
    • aktiviert den Parasympathikus (Ruhe- und Entspannungsnerv), z.B. bei Schilddrüsenüberfunktion
    • beruhigt bei Nervosität (ähnlich wie Baldrian)
  • tonisierend: unterstützt Magen, Leber und Verdauung (mit seinen Bitterstoffen)
  • hemmt Viren in ihrem Ausbreitungsdrang

Anwendungsgebiete/Indikationen

Verwendet wird das Herzgespannkraut bei folgenden Indikationen:

  • Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion
  • psychovegetativ bedingte Herzrhythmusstörungen
  • nervöse Herzbeschwerden, hervorgerufen durch Stress, Aufregung oder Klimakterium
  • leichte Schilddrüsenüberfunktion

Fallbeispiel

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Ein Familienvater, Mitte 40, konnte sich nicht entscheiden, ob er weiter mit seiner Familie oder lieber mit seiner Freundin leben wollte. Zusammen mit seiner Frau bilde er ein gutes und funktionierendes Team, mit seiner Geliebten konnte er seine Sexualität leben. Auch körperlich litt sein Herz unter dieser Situation. Als er den Namen „Herzgespann“ hörte, war er allein schon von der Perspektive begeistert, zu dritt ein „Gespann der Herzen“ zu bilden. Die Tinktur half ihm, ruhig zu werden und seine eigene Wahrheit zu finden. Er lebte beide Beziehungen noch eine Weile und trennte sich schließlich von seiner Frau.

Indikationen nach Monografien

Die Kommission E führt als Indikation an: nervöse Herzbeschwerden, auch adjuvant im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion (ergänzt zusammen mit Wolfstrapp dessen thyreostatische Wirkung).

Das HMPC hat Herzgespannkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Es kann bei nervöser Anspannung, bei nervösen Herzbeschwerden, wie z.B. Herzklopfen, eingesetzt werden, wenn ärztlicherseits eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen wurde.

Die ESCOP gibt als Indikationsgebiet an: Milde Herzbeschwerden nervöser Ursache.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Herzgespannkraut wird in der Erfahrungsheilkunde angewendet bei folgenden Beschwerden:

  • Herzschmerzen, Herzklopfen, Herzstechen, Herzkrämpfen verbunden mit Ängsten
  • Herzangst bei Blähungen (gastro-kardialer Symptomenkomplex, Roemheld-Syndrom – auch zusammen mit Anis, Fenchel, Kümmel)
  • Kreislaufstörungen
  • Stimmungsschwankungen

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der chinesischen und japanischen Heilkunde wird die verwandte Art Leonurus japonicus bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gynäkologischen Problemen und Wechseljahrsbeschwerden eingesetzt.

In meist niedrigen homöopathischen Potenzen kommt Leonurus cardiaca ähnlich wie in der Phytotherapie bei nervösen und funktionellen Herzstörungen und dem gastrokardialem Symptomenkomplex zur Anwendung. Außerdem bei Hyperthyreose und Amenorrhö.

Wirkung auf die Psyche

Herzgespannkraut nimmt dem Herzen die Beklemmung und die Anspannung und gibt ihm die Kraft und den Mut eines Löwen. Besonders nervösen Menschen, die sich leicht überfordert fühlen, hilft es dabei, sich mit dem Herzschlag dieses Augenblicks zu verbinden, dann in Verbindung mit dem größeren Rhythmus der Natur zu kommen und von diesem Gleichklang getragen zu werden.

Das beruhigt, macht gelassen und stärkt die Nerven. Wenn jemand Gefahr läuft, sich zu verlieren, weil die Meinung der Anderen mehr zählt als die eigene, führt es zurück zu sich selbst und hilft dabei, die eigenen Gefühle zu beachten und auszudrücken. Es verbindet mit der inneren Stimme. In dieser Verbindung kann man mit Besonnenheit das tun, was man sonst vorschnell und unbedacht erledigt hätte. So bringt das Herzgespannkraut Zufriedenheit und Zuversicht, macht leicht und froh.

Dosis

Die mittlere Tagesdosis bei Erwachsenen beträgt 4,5 g Droge, bzw. 2–6 ml der Tinktur.

Behandlungsempfehlung

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Tee aus Herzgespannkraut

Für den Tee 2 TL des getrockneten Krauts mit ¼ l heißem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen. 3- bis 4-mal täglich 1 Tasse.

Das Herzgespannkraut sollte monatelang angewendet werden.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Im Handel sind nur Tee und Tinktur zu bekommen. Herzgespannkraut lässt sich gut in Teemischungen kombinieren mit Weißdorn und Besenginster, die ebenfalls den Herzrhythmus stabilisieren. Die beruhigende Wirkung wird unterstützt durch Baldrian, Hopfen, Lavendel, Melisse oder Passionsblume.

Behandlungsempfehlung

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Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Urtinkturen von DHU, Staufen-Pharma, Spagyra und Weleda
  • Kombinationspräparate: Oxacant sedativ (mit Weißdorn, Baldrian, Melisse), Crataegus Hevert Herzkomplex (mit Crataegus, Oleander, Cactus, Baldrian), Hypersativ Dilution

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen, Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: wegen einer vermuteten uteruskontrahierenden Wirkung vorsichtshalber nicht in der Schwangerschaft anwenden.

Aktuelle Forschungsergebnisse

In den letzten Jahren hat die Forschung in Laboruntersuchungen weitere Eigenschaften des Herzgespannkrauts entdeckt. Unter Laborbedingung wirkt es als Antioxidans und schützt als Radikalfänger Herz und Gefäße. Es wirkt entzündungshemmend, schmerzstillend, wehrt Viren und Bakterien ab und schützt wegen seines hohen Kaliumhaushalts auch noch die Nieren. Studien am Menschen fehlen leider.