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Pflanzenheilkunde

Echte Goldrute (Solidago virgaurea, Solidago canadensis, Solidago gigantea)

Korbblütler

Abbildung 1. Goldrute Solidago canadensis (Blüte)
Abbildung 1. Goldrute Solidago canadensis, Blüte.

 

Geschichte

Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts beschreiben die einheimische Goldrute (Solidago virgaurea) als Heidnisch Wundkraut und nannten es Consolidae saracenae. Seit der Zeit der Kreuzzüge bezeichnete man als Sarazener all jene Völkerstämme, die aus dem Osten, aus Arabien kamen und dem Islam angehörten. Aus christlicher Sicht waren sie „Heiden“, hatten aber wohl doch eine heilkräftige Pflanze für ihre Verwundungen gefunden. Sie habe eine zusammenheftende und heilende Wirkung, auch bei Knochenbrüchen. Der Tübinger Arzt und Botaniker Leonard Fuchs beschreibt sie 1543 als nützlich zu allerley Wunden und Beinbrüchen. Sein Frankfurter Kollege Lonicerus lobt sie 1564 als alle innerliche Versehrung heylend. Der Italiener Matthioli nennt sie 1563 gewaltig den Harn treibend und den Stein brechend.

Der Volksmund hat für die Goldrute zahlreiche Namen, die sich auf den Blütenstand oder die heilende Wirkung beziehen: z.B. Fuchsrute (Fuchsschwanz), Goldwundkraut und Wundrosekraut, Zahnwehkraut. Schnupfenkraut hieß die Kanadische Goldrute in Dresden um 1950, weil sie in großer Menge in den Trümmern der Stadt wuchs und zusammen mit dem Blütenstaub von Gräsern bei vielen Städtern den Heuschnupfen erzeugte.

Solidago bedeutet: Ich mache fest und solide. Und virgaurea ist die goldene Jungfrau. In diesem sonnigen Blütenstand sollte die goldene Jungfrau zu Hause sein, die Königin der Zwerge und Gnomen. Die Naturgeister hüten die Schätze dieser Erde – und nur, wer die goldene Blütenrute wie eine Wünschelrute zu nutzen weiß, findet den Zugang zu den verborgenen Reichtümern.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Goldrute_Solidago virgaurea (ganze Pflanzen mit Blättern, Stängeln und Blüten).
Abbildung 2. Goldrute Solidago virgaurea, ganze Pflanzen mit Blättern, Stängeln und Blüten.

Die echte Goldrute (Solidago virgaurea) wächst auf trockenen Hügeln, in Wäldern, auf sandigen Böden. Aus einem knotigen Wurzelstock wächst ein kurz behaarter Stängel. Seine Blätter sind länglich, gezähnt, mit geflügeltem Stiel und werden nach oben hin schmaler. Die goldgelben Blütenköpfe sind 1–1,5 cm groß und stehen in einfach zusammengesetzten, aufrechten Trauben und machen ihrem Namen alle Ehre. Die Blütezeit ist von Hochsommer bis Oktober. Käfer, Bienen, Fliegen, Spinnen, Schmetterlinge und noch viele andere Insekten lieben sie und fühlen sich bei ihr zu Hause.

Die Goldrutenfamilie umfasst über 100 Arten, zwei weitere Arten (Solidago canadensis und Solidago gigantea) sind aus ihrer amerikanischen Heimat nach Europa ausgewandert und fühlen sich auch in unseren Breitengraden heimisch. Sie können bis zu 2 m hoch werden. Die Riesen-Goldrute hat kahle Stängel und Blattunterseiten, bei der Kanadischen Goldrute sind sie behaart. Zur Blütezeit im Spätsommer verwandeln sie Magerrasen und Ruderalflächen in gelb flutende Staudenfluren. Ihre Einzelblüten sind wesentlich kleiner und schmücken als buschige, spitz auslaufende Ruten das Ende des Stängels.

Abbildung 3. Goldrute Solidago gigantea (Pflanze mit Stängel, Blüten und Blättern).
Abbildung 3. Goldrute Solidago gigantea, Pflanze mit Stängel, Blüten und Blättern.

Arzneilich verwendet werden gegenwärtig werden in der Phytotherapie von allen drei bei uns wachsenden Goldruten-Arten die getrockneten oberirdischen Teile – das Goldrutenkraut (Solidaginis herba und Solidaginis virgaurea herba). Es wird zu Beginn der Blütezeit gesammelt.

Signatur

Jede kleine Goldrutenblüte ist wie eine kleine Sonne, die den Körper mit neuer Sonnen-Kraft füllt. Die gelbe Blütenfarbe zeigt außerdem die Verbindung zur Leber und signalisiert die Fähigkeit, auch dieses Organ zu unterstützen. Die leicht gebogene Rutenform der Blütenstände könnte Ähnlichkeit haben mit einem Urinstrahl. Das üppige Blattgrün wird der Venus zugeordnet, die im menschlichen Körper über die Nieren regiert.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Goldrutenkraut hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:

  • Flavonoide (Quercetin, Hyperosid, Rutosid)
  • 1% Saponine
  • Phenolglykoside – nur in Solidago virgaurea. Leiocarposid wirkt entzündungshemmend und schmerzstillend, Virgaureosid wirkt antimikrobiell und schweißtreibend
  • 0,5% ätherische Öle
  • 10% Gerbstoffe

Die drei Goldrutenarten unterscheiden sich grundsätzlich nicht in der Art der Inhaltsstoffe, lediglich in ihrer Menge. Unsere einheimische Echte Goldrute wirkt aufgrund der Phenolglykoside stärker entzündungshemmend und schmerzstillend. Dafür enthalten die Kanandische und die Riesen-Goldrute (Solidago canadensis und Solidago gigantea) mehr Saponine und Flavonoide, die Riesengoldrute enthält noch eine weitere entzündungshemmende Komponente. Dennoch ist ihre spasmolytische Wirkung nicht so stark ausgeprägt wie bei der Echten Goldrute. Alle drei Goldrutenarten haben in etwa die gleiche diuretische und antiphlogistische Wirkung. Bei entzündlichen Erkrankungen wird S. virgaurea bevorzugt.

Goldrutenkraut hat folgende Wirkungen auf die Harnwege und die damit einhergehenden Beschwerden:

  • diuretisch bei reichlicher Flüssigkeitszufuhr (2 Liter/Tag)
  • antiphlogistisch und spasmolytisch an der glatten Muskulatur z.B. bei Blasenkrämpfen.
  • schmerzlindernd
  • entzündungshemmend, antimikrobiell (gegen Staphylococcus aureus und Candida albicans)
  • antioxidativ

 Weitere Wirkungen sind:

  • blutreinigend
  • immunmodulatorisch (wird diskutiert)
  • schützend vor Strahlenschädigungen der Haut (nach iv-Applikation).

Anwendungsgebiete/Indikationen

Die Goldrute ist die Universalheilpflanze insbesondere bei Nierenleiden aller Art, sie hat auch weitere Anwendungsgebiete:

  • Beschwerden der Niere und Harnwege:
    • Entzündungen von Blase, Niere, Harnwegen (Durchspülungstherapie)
    • Nierengrieß, Nieren- oder Blasensteinen (auch nach Zertrümmerungsmethoden)
    • Reizblase, vermehrter Harndrang, Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen (gut geeignet auch für Schwangere)
    • Ödeme durch Nierenschwäche
  • Stoffwechselerkrankungen: Gicht und rheumatischen Erkrankungen
  • Gelenkentzündungen
  • chronische Hauterkrankungen, Ekzeme, Neurodermitis
  • Venenerkrankung, Hämorrhoiden (entlastet das Pfortadersystem)
  • Entzündungen in Mund und Rachen, Mundsoor (mit Goldrutentee gurgeln)
  • Umwelterkrankungen und Allergien (über lymphatische Reinigung)

Fallbeispiel

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Nach vielen schmerzhaften Erfahrungen mit wiederkehrenden Blasenentzündungen hat sich eine 45-jährige Erzieherin mit der Goldrute angefreundet und ihren eigenen Umgang damit gefunden. Wenn sie merkt, dass sich Blasenschmerzen oder das bekannte Brennen beim Wasserlassen ankündigen, nimmt sie sofort die Goldrute und trinkt davon sehr viel Tee, so heiß wie möglich. Erst wenn die Blase richtig voll ist, geht sie im allerletzten Moment auf die Toilette. Danach geht das Brennen relativ schnell vorbei – und die Abstände zwischen den einzelnen Entzündungen vergrößern sich immer mehr. Außerdem härtet sie sich ab durch regelmäßiges Barfußgehen.

Indikationen nach Monografien

Echtes Goldrutenkraut erhielt eine Positivmonografie von HMPC, ESCOP und Kommission E. Das HMPC stuft die Goldrute als traditionelles Arzneimittel ein mit der Indikation – zur Erhöhung der Urinmenge und unterstützend bei Beschwerden der ableitenden Harnwege. Das ESCOP formuliert zur Durchspülung der Harnwege, insbesondere bei Entzündungen und Nierengrieß und unterstützend bei der Behandlung bakterieller Infekte der Harnwege. Die Kommission E befürwortet in der Monografie die Anwendung aller drei Goldrutenarten zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege, bei Harnsteinen und Nierengrieß und zur vorbeugenden Behandlung bei Harnsteinen und Nierengrieß. Sie fügt hinzu, dass das Echte Goldrutenkraut (Solidaginis virgaurea herba) intensiver untersucht wurde als die anderen zwei zugelassenen Sorten (Solidaginis herba) und deswegen bevorzugt werden sollte.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Was auch immer die Nierenstörungen verursacht hat, die Goldrute durchspült die Nieren auf sanfteste Art und beseitigt dabei nicht nur Stauungen, Entzündungen oder Nierensteine – sie lindert auch die damit einhergehenden Schmerzen. Sehr häufig erspart sie die Anwendung eines Antibiotikums und ist in jedem Fall zur Begleitung und Nachbehandlung sehr hilfreich – hierzu etwa 2–3 l Tee pro Tag trinken.

Bei Entzündungen der ableitenden Harnwege wird die Goldrute oft mit der antibiotisch wirkenden Bärentraube (s.d.) kombiniert.

Für eine Durchspülungstherapie bei Harnsteinen und Nierengries kann Goldrute mit den ebenfalls entwässernden Birkenblättern zu gleichen Teilen gemischt werden.

In der Mischung mit Weißdorn schwemmt sie kardial bedingte Ödeme aus.

Experimentelle Versuche lassen vermuten, dass ein Extrakt aus der Goldrute auch gegen Krebszellen wirken könnte. Es fehlen aber klinische Untersuchungen am Menschen. Die Ergebnisse sind daher noch nicht als gesichert anzusehen.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Solidago mit den gleichen Indikationen als Nierenmittel angewendet wie in der Phytotherapie. Darüber hinaus wird sie bei Schmerzen in der Nierengegend mit Dysurie, Miktionsbeschwerden, spärlichem Urin und Rückenschmerzen durch gestauten Urin eingesetzt.

Die Zubereitungen aus der Echte Goldrute haben in der Spagyrik dasselbe Anwendungsgebiet wie die Solidago-Anwendungen der Phytotherapie und werden wie homöopathische Urtinkturen als Drainagemittel eingesetzt.

Prävention

Zur vorbeugenden Behandlung bei Harnsteinen und Nierengrieß

Wirkung auf die Psyche

Ihr Name Solidago verrät: Ich mache fest und solide. Nicht nur auf der körperlichen Ebene fügt sie alte Brüche wieder zusammen, sondern sie hilft auch, bei emotionalen Verletzungen und Enttäuschungen eine neue Perspektive zu bringen. Mit der Kraft ihrer goldenen Sonne führt sie uns auf den Weg der Selbstliebe und lehrt uns gleichzeitig, freudevoll mit dem Leben zu fließen. Wenn Ängste oder Partnerschaftsprobleme „an die Nieren gehen“, löst die Goldrute gestockte Energien und verbindet sie mit der inneren Quelle der Liebe und Zuversicht. Sie ist eine sanfte Heilerin und eine echte Sorgenbrecherin. Sie spült Bedenken weg, löst Kummer und Angst, stärkt das Selbstbewusstsein und macht neugierig auf Neues. Ganz nebenbei knüpft sie neue Verbindungen und ist ein gutes Beispiel für solidarisches und soziales Verhalten.

Dosis/Dosierung

Die mittlere Tagesdosis beträgt 6–12 g Droge. 2- bis 4 Tassen pro Tag.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Goldruten-Tee

1–2 TL pro Tasse mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen. Auch ein Kaltansatz ist möglich, der bis zum Sieden erhitzt wird. Mischungen mit Hauhechelwurzel, Birkenblätter oder Brennnesselblätter sind sinnvoll, um die Diurese zu verstärken und die Wirkung mit anderen „Nierenpflanzen“ zu ergänzen.

Goldruten-Tinktur

50 g frische und zerkleinerte Goldrutenteile mit 250 ml etwa 40% Alkohol (z.B. Doppelkorn) in einem Schraubdeckelglas übergießen, verschließen, 4 Wochen lang hell und bei Zimmertemperatur stehen lassen. Täglich sanft umschütteln. Durch einen Kaffeefilter abfiltrieren und in kleine, dunkle Arzneifläschchen abfüllen. Bei Bedarf 3- bis 5-mal täglich 20 Tr. in ein Glas warmes Wasser geben und langsam trinken.

Behandlungsempfehlung

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Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Cystinol long Kps, Nieral-Tropfen, Solidagoren mono, Solidago Steiner Tbl., Ceres Solidago Urtinktur
  • Kombinationspräparate: Phytodolor (mit Zitterpappel, Eschenrinde), Cystinol Lösung (+ Bärentraubenblätter), Solidagoren Tr. (+ Gänsefingerkraut, Ackerschachtelhalmkraut), Riesengoldrute in Aqualibra (+ Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter)

Hinweis

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Wegen der schmerzlindernden und blutreinigenden Eigenschaft wird die Goldrute in Rheumamitteln kombiniert mit Extrakten aus Pappel und Esche (Phytodolor). Hierzu gibt es mehrere klinische Studien. Der Wirkung der Kombination aus den drei Pflanzen ist stärker als die Wirkung der einzelnen Pflanzen und ist durchaus vergleichbar mit der von Diclofenac. Phytodolor kann helfen den Verbrauch von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) einzuschränken (Fintelmann).

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Es sind keine bekannt.
  • Interaktionen: Bei Ödemen infolge eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit soll eine Durchspülungstherapie mit Goldrutenkraut nicht durchgeführt werden. Von einer Kombination mit synthetischen entwässernden Arzneimitteln (Diuretika) wird abgeraten.
  • Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.